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Sozialverbände, Kirchen und Politiker warnen vor Isolationsfolgen

Archivmeldung vom 25.04.2020

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 25.04.2020 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch André Ott
Rentner sterben sehr viel schneller durch Isolation und Vereinsamung. Warum wird dies gefordert? (Symbolbild)
Rentner sterben sehr viel schneller durch Isolation und Vereinsamung. Warum wird dies gefordert? (Symbolbild)

Bild: Eigenes Werk /OTT

Sozialverbände, Kirchen und Politiker warnen vor gefährlichen Folgen der Isolation in Pflegeheimen als Folge der Coronakrise. Angehörige von Heimbewohnern seien in Sorge, dass Eltern oder Großeltern frühzeitig sterben, sagte etwa die ehemalige Vorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Margot Käßmann, der "Welt" (Montagausgabe).

Käßmann weiter: "Nicht an Covid-19, sondern an der Isolation, weil die Einsamkeit ihnen den Lebensmut nimmt." In den meisten Pflegeheimen ist das soziale Leben fast vollständig zum Erliegen gekommen. Angehörige dürfen die Heime nicht mehr betreten, vielfach finden auch Seelsorger, Physiotherapeuten oder Betreuungsassistenten derzeit keinen Zugang in die Einrichtungen.

Recherchen der "Welt" zufolge führt dies stellenweise auch zu einer schlechteren Versorgung der Bewohner. Weil es an Personal mangelt und auch Aufsichtsbehörden nur in Ausnahmefällen die Einrichtungen betreten, kommt es laut Angehörigenverbänden stellenweise zu problematischen Grundrechtsbeschneidungen wie Ruhigstellung mit Medikamenten. Der Pflegebevollmächtigte der Bundesregierung, Andreas Westerfellhaus, fordert eine Lockerung der Kontaktbeschränkungen in den Einrichtungen. "Wir wissen, dass wir uns darauf einstellen müssen, über einen längeren Zeitraum mit dem Coronavirus umgehen zu müssen. Darauf müssen wir auch die Situation in den Pflegeeinrichtungen anpassen: pauschale, restriktive Besuchsverbote können dabei keine Lösung sein", sagte er der "Welt".

Bewohner von Pflegeeinrichtungen benötigten besonderen Schutz, aber sie dürften nicht völlig isoliert werden. "Dass einige Länder den Beschluss in dem Punkt nicht umgesetzt haben und den Einrichtungen keine Spielräume eröffnen, darf aus meiner Sicht so nicht bleiben. Ich fordere die betreffenden Länder deshalb dringend zu Nachbesserungen auf." Auch Kirchen- und Sozialverbände wie Diakonie, VdK und Paritätische forderten eine vorsichtige Lockerung von pauschalen Kontakt- und Besuchsverboten. Diakonie-Präsident Ulrich Lilie sagte zwar, dass es angesichts des immer noch dramatischen Mangels an Schutzkleidung derzeit keine Alternative zu den Besuchsverboten gebe, doch müsse "diese Situation so schnell wie möglich" überwunden werden. Schutz dürfe "dauerhaft keinesfalls mit Isolation gleichgesetzt werden".

Die Präsidentin des Sozialverbandes VdK Verena Bentele regt an, das "strikte Kontakt- und Besuchsverbot langsam auflösen". Die Schwächsten der Gesellschaft dürften nicht sozial isoliert werden. "Da werden langsam auch Grundrechte verletzt, zum Beispiel das Recht auf Ehe und Familie, wenn Ehepartner sich nicht mehr besuchen dürfen." Ähnlich sieht es der Paritätische Gesamtverband: Besuchsverbote sollten "sobald dies vom Infektionsschutz her vertretbar ist, unter bestimmten hygienischen Bedingungen gelockert werden".

Dies gelte besonders für bestimmte Personengruppen. Die Deutsche Stiftung Patientenschutz fordert bundesweite Maßstäbe und Grundkonzepte in Pflegeeinrichtungen. Das Wichtigste, sagt deren Vorsitzender Eugen Brysch, sei eine lückenlose Dokumentation. Zudem müssten in jedem Heim drei Bereiche eingerichtet werden: einer für Gesunde, einer für Corona-Infizierte und ein Graubereich für jene, die infiziert sein könnten. Auch die pflegepolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, Kordula Schulz-Asche, fordert "bundesweit möglichst einheitliche Kriterien", sagte sie der "Welt".

Das Bundesgesundheitsministerium verwies darauf, dass das Robert-Koch-Institut bereits "fachliche Hilfestellungen" entwickelt habe. Anders äußerte sich hingegen das Bundesfamilienministerium: "Wir brauchen mehr Klarheit - auch für das Personal in den Pflegeeinrichtungen." Dafür seien "mehr Tests nötig und gleichzeitig ausreichend Schutzausrüstung". Daran arbeite die Bundesregierung, hieß es aus dem Ministerium. Derzeit laufen nach Recherchen der "Welt" bundesweit bei mindestens fünf Staatsanwaltschaften Ermittlungsverfahren in Zusammenhang mit Heimen und der Coronakrise. In Berlin ermittelt zudem das Landeskriminalamt (LKA). Ein Sprecher bestätigte der "W elt", dass ein entsprechendes Verfahren wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung andauere. Deutschlandweit gibt es rund 14.000 Heime. Laut Robert-Koch-Institut sind dort schon mindestens 1.500 Menschen an Covid-19 gestorben.

Quelle: dts Nachrichtenagentur


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