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Westdeutsche Zeitung: Europa und die USA werden im Nahen Osten an Einfluss verlieren

Archivmeldung vom 05.02.2011

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 05.02.2011 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Jetzt also doch. Die europäischen Regierungschefs rangen sich gestern endlich zu einer gemeinsamen Haltung gegenüber Ägypten durch. Gerade der deutsche Außenminister Westerwelle hatte sich zuvor immer wieder mit atemberaubenden verbalen Verrenkungen davor gedrückt, die alternativlose Konsequenz einzufordern: den sofortigen Rücktritt Mubaraks.

Das Zaudern zeigt, wie sehr der Westen in diesen Tagen des arabischen Aufbruchs von seiner eigenen historisch gewachsenen Doppelmoral eingeholt wird. Jahrzehntelang predigten Europa und die USA den Völkern des Nahen Ostens Freiheit und Demokratie; zugleich hofierten sie willfährig deren Despoten. Jahrzehntelang erkauften sich die USA und Europa in Nordafrika politische Stabilität, indem sie die Diktatoren mit Waffen und Geld versorgten - und verrieten ihre eigenen Ideale.

Der Westen gab sich zu lange der Illusion hin, dass sich politische Stabilität dauerhaft auf Kosten von Freiheit erkaufen lässt. Jetzt steht er vor den Trümmern seiner Machtpolitik. Zu Recht fragen sich nun die Deutschen: Wie konnte es sein, dass Helmut Kohl, Gerhard Schröder und Angela Merkel bei Staatsbesuchen in Ägypten unisono über die angeblichen Qualitäten eines Herrschers schwärmten, der sein Land 30 Jahre lang mit Notstandsgesetzen regierte, der folterte und Wahlen fälschte?

Sollten die Menschen in Ägypten und den anderen bebenden Staaten die Revolution vollenden, wird Amerika dort dramatisch an Einfluss verlieren. Schon jetzt ist Präsident Obama in Ägypten moralisch diskreditiert und diplomatisch blockiert. Würde er die fortschrittlichen Oppositionskräfte offen unterstützen, wären diese politisch tot, weil ihnen fortan das Stigma anhinge, Handlanger Amerikas zu sein. Bei aller Schuld, die der Westen auf sich geladen hat: Er muss nun Zeichen senden, dass er auf Seiten der Freiheitsbewegung steht und willens ist, den Reformprozess nach allen Kräften und demokratischen Prinzipien zu unterstützten.

Die Unruhen können zum Geburtshelfer neuer Gottesstaaten oder Diktaturen werden, sie können aber auch Initialzündung für die Modernisierung der arabischen Welt sein. Will der Westen letzteres, sollte er sich von seiner Doppelmoral verabschieden.

Quelle: Westdeutsche Zeitung

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