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Börsen-Zeitung: Noch keine Entwarnung

Archivmeldung vom 26.04.2008

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 26.04.2008 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

In der neuen Börsenwoche, genauer gesagt am Mittwoch, ist es wieder einmal so weit: Wenn die Mehrheit der Notenbankbeobachter recht hat, wird die Fed erneut die Zinsen senken, und zwar voraussichtlich um weitere 25 Basispunkte (BP) auf dann 2%.

Eine ganze Reihe von Ökonomen geht allerdings davon aus, dass Fed-Chairman Ben Bernanke in die Vollen geht und den Märkten mit einer Reduzierung um 50 BP unter die Arme greift. Das dürfte es dann allerdings gewesen sein. Aktuell geht praktisch kein Fed-Watcher davon aus, dass es danach weitere Zinsschritte geben wird. Die US-Notenbank hat ihr Pulver verschossen, nun müssen die Anleger ohne die geldpolitische Unterstützung klarkommen.

Damit stellt sich die Frage, wie sich die Aktienmärkte ohne die Hilfe der Fed in den kommenden Monaten entwickeln. Zieht man die Historie der US-Börsen heran, sieht es gar nicht so schlecht aus: In den sieben Zinssenkungszyklen der vergangenen 40 Jahre hat es in allen Fällen in den ersten sechs Monaten nach dem Ende der Zinsschritte deutliche Kursgewinne gegeben, und zwar gemessen an der Performance des S&P500 im Durchschnitt um 12%, wie die amerikanische Investmentbank JPMorgan errechnet hat.

Für die europäischen Märkte sieht es zwar nicht ganz so freundlich aus, aber die Tendenz ist dieselbe. In sechs von sieben Fällen entwickelte sich der Markt, gemessen am MSCI Europe, positiv, und zwar im Durchschnitt um knapp 10%.

Mit dieser Prognose, die für die kommenden Monate hoffen lässt, wird eine Situation beschrieben, wie sie sich typischerweise am Ende einer US-Rezession beobachten lässt. Das Schlimmste ist vorüber, es beginnt ein neuer Konjunkturzyklus, die Gewinnerwartungen der Unternehmen hellen sich auf - kurzum, die Märkte befinden sich in einem ausgesprochen freundlichen Umfeld.

Was die aktuelle Situation betrifft, sind hier jedoch erhebliche Abstriche zu machen. Nach wie vor befinden sich die Märkte in der tiefgreifendsten Finanzkrise seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Damit unterscheidet sich die Lage deutlich von derjenigen am Ende der Rezessionen der Vergangenheit. Zwar sind die Marktreaktionen auf die jüngsten Beichten der Banken hinsichtlich neuer Abschreibungen und Verluste erstaunlich milde ausgefallen. Selbst eine Royal Bank of Scotland, die sich zur Rekapitalisierung 15 Mrd. Euro holen muss, oder eine Deutsche Bank, die am Dienstag möglicherweise den ersten Quartalsverlust seit fünf Jahren eingestehen muss, wird von den Anlegern kaum abgestraft.

Ob die jüngste Welle der Wertberichtigungen und Verlustmeldungen aber wirklich die letzte gewesen ist, steht in den Sternen. Wie das Schicksal der Düsseldorf Hyp zeigt, kann die Implosion einer Bank immer noch sehr schnell geschehen. Wackelkandidaten gibt es genug. Die Analysten von Unicredit merken dazu an, dass die Spreads am europäischen Geldmarkt weitere Risiken aus der Finanzmarktkrise signalisieren. Was die USA betrifft, so erscheinen beispielsweise Merrill Lynch und auch die Citigroup immer noch nicht in einem allzu vertrauenserweckenden Zustand.

Auffällig ist auch, dass das Anlegervertrauen weiter nachlässt. So hat State Street jetzt berichtet, dass der von der Bank berechnete globale Investor Confidence Index im April auf 72,8 nach 77,2 im Vormonat nachgegeben hat. Die Investoren waren in Europa danach sogar noch pessimistischer als in Nordamerika. Der Index ist deshalb so interessant, weil er auf dem realen Kauf- und Verkaufsverhalten der Anleger basiert - und nicht auf Umfragen mit zweifelhafter Aussagekraft.

Was den Märkten wohl noch bevorsteht, ist die Überwälzung der Folgen der Kreditkrise vom Finanzsektor auf die Realwirtschaft. Das Revisionsrisiko der Wachstumserwartungen der Unternehmen sei negativ, heißt es bei Unicredit. Bislang wurden im EuroStoxx50 die Gewinnschätzungen für die kommenden zwölf Monate erst um rund 5% reduziert. Angesichts des Ausmaßes der Krise scheint dies eindeutig zu wenig zu sein. Und vielleicht liegt die Bundesregierung ja gar nicht so falsch, wenn sie ihre Wachstumsprognose für 2009 deutlich auf 1,2% senkt.

Quelle: Börsen-Zeitung (von Dieter Kuckelkorn)

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