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Westfalen-Blatt: zum neuen NRW-Polizeigesetz

Archivmeldung vom 02.06.2018

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 02.06.2018 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch André Ott

Nach den Terroranschlägen von Ansbach und Würzburg sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel 2016: »Wir dürfen uns die Art, wie wir leben, nicht kaputtmachen lassen.« Genau das geschieht aber gerade. Die Bundesländer wetzen ihre Polizeigesetze. Angepriesen werden die Eingriffe in unsere Grundrechte als Terrorbekämpfung. Tatsächlich aber steht in den Entwürfen, dass die Weiterungen nicht nur für terroristische Gefährder gelten.

Man mag einwenden, dass alles, was der Verbrechensbekämpfung dient, gut ist. Das Problem ist nur: Die neuen Gesetze, wie auch das für NRW, erlauben der Polizei schwere Grundrechtseingriffe in einem Stadium, in dem noch kein Verbrechen passiert ist. Der Satz, dass jeder als unschuldig gilt, solange er nicht verurteilt ist, droht zu einem Lippenbekenntnis des Rechtsstaats zu verkommen. Wenn die CDU mit der FDP, die sich gerne als Bürgerrechtspartei bezeichnet, ihr Vorhaben im nordrhein-westfälischen Landtag durchsetzt, darf die Polizei Menschen verbieten, die Stadt zu verlassen. Sie darf den Kontakt von Menschen untereinander unterbinden, sie kann das Tragen von Fußfesseln veranlassen und Menschen bis zu vier Wochen einsperren.

Das alles zwar nur mit Zustimmung eines Amtsrichters, doch dieser Richtervorbehalt hat sich schon oft als Feigenblatt erwiesen. Die Justiz ist so überlastet, dass nicht jeder Ermittlungsrichter in Aktenbände eintauchen kann, um zu klären, ob der Antrag der Polizei wirklich begründet ist - zumal der Begriff der »drohenden Gefahr«, den NRW mit seinem neuen Polizeigesetz einführt, sehr viel Interpretationsspielraum lässt. Den Feldzug der Länder gegen die Grundrechte führt Bayern an, das Polizisten sogar die Onlinedurchsuchung von Computern erlaubt. Soweit geht NRW nicht, aber das macht die Düsseldorfer Pläne nicht viel besser. Anfang Mai erklärte Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU), die Zahl der in Deutschland bekanntgewordenen Straftaten sei mit 5,76 Millionen die niedrigste seit 1992. Und die Gefahr, Opfer einer Straftat zu werden, sei so gering wie seit 30 Jahren nicht. Warum also jetzt der Schwenk in Richtung Überwachungsstaat?

Selbst Sicherheitsexperten geben zu, dass keine der geplanten Verschärfungen den Terroristen Anis Amri zwingend von seiner Tat in Berlin abgehalten hätte. 33 Menschen tötete die Rote Armee Fraktion bis 1993. Und beim bisher schlimmsten Terroranschlag in Deutschland brachte 1980 ein Neonazi auf dem Oktoberfest zwölf Menschen um und verletzte 211. Diese und andere Krisen hat die Bundesrepublik überstanden, ohne die Polizeigesetze so zu verschärfen, wie es die Länder jetzt tun. Ein Jahr vor dem 70. Geburtstag der Republik ist das kein gutes Zeichen.

Quelle: Westfalen-Blatt (ots)

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