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WAZ: Leipzig im Buch-Fieber: Lesen ist gar nicht uncool

Archivmeldung vom 26.03.2007

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 26.03.2007 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Gut 127 000 Bücherfreunde auf dem Messegelände, das Rekordergebnis des Vorjahres damit noch übertroffen, zehntausende von Zuhörern bei den Veranstaltungen von "Leipzig liest": Die Leipziger Buchmesse hat ihren Ruf als "größtes europäisches Hörbuchforum" eindrucksvoll bestätigt. Messeveranstalter und Verlagsbranche können zufrieden sein. Zunächst.

Denn das Jahr ist noch lang für die Branche. Die Entwicklung ist von vielen Faktoren abhängig; aus der ungeheuren Popularität der Leipziger Veranstaltungen lassen sich nur bedingt Schlüsse ziehen. "Für viele Menschen im Osten sind Bücher Luxusartikel", gibt die Großkundenbetreuerin eines Verlages zu bedenken, "wenn ich kein Geld habe, meinen Kühlschrank zu füllen, dann kaufe ich mir auch kein Buch." Anders gefragt: Stürmen gerade deshalb so viele Menschen die Lesungen in Leipzig, weil sie hören, erleben, kennenlernen können, was sonst außerhalb ihres Geldbeutels liegt? Eine hypothetische Frage, in Zahlen bislang nicht zu beantworten.

Leipzig gilt als Gradmesser für das Interesse an Literatur. Das ist sicherlich richtig. Das ist aber auch mit Vorsicht zu interpretieren, weil Zahlen den Blick verstellen können. Dass diesmal besonders viele Kinder und Jugendliche den Weg zur Messe fanden, wird von den Veranstaltern als optimistisch stimmendes Zeichen gedeutet. Hatte man doch, Pisa eingedenk, das Thema Bildung zum Programmschwerpunkt erhoben. Nur kam die Zielgruppe eben nicht wegen der hehren, der hohen Literatur, sondern tummelte sich fast ausschließlich bei japanischen und anderen Comics oder bei Fantasy-Romanen. Und abends wurde so mancher Lese-Event erst richtig cool, als endlich der DJ die Regie übernahm.

Dabei ist man in Leipzig mit der Event-Lesung, mit der Inszenierung von Literatur auf keinem schlechten Weg - auch wenn Überprüfbarkeit fehlt. Die Strategien und Inhalte der Werbung haben sich rasant verändert, die Aufmerksamkeit des potenziellen Kunden wird anders gesteuert als noch vor wenigen Jahren. Was für jeden x-beliebigen Konsumartikel gilt, gilt auch für die Ware Buch - in stärkerem Maße womöglich. Ein Werk, das nicht zur Kenntnis genommen wird, das nur in der Auslage verstaubt, ist allenfalls ein intellektuelles Konstrukt, hat etwas Autistisches. Zum Kulturgut wird es einzig und allein durch den Leser. Und wenn dem immer häufiger erst durch ein "Event" bewusst gemacht werden kann, dass Lesen nicht uncool, sondern das wahre, neue Welten eröffnende Ereignis ist - nun, dann her mit Pauken und Trompeten.

Quelle: Pressemitteilung Westdeutsche Allgemeine Zeitung

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