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Der bequeme Weg ist nicht der richtige!

Archivmeldung vom 06.09.2014

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 06.09.2014 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Mario Draghi hat also Wort gehalten. Leider. Wieder einmal. Er hatte auf der Tagung der Zentralbankchefs in Jackson Hole verkündet, er werde alles tun, um die Inflation in der Eurozone anzuheizen. Gestern nun senkte er den Leitzins auf quasi Null – kaum mehr wahrnehmbar 0,05 Prozent kostet die Banken nun die Refinanzierung via der Zentralbank. Die Märkte reagierten sofort und bis zum Handelsschluss am Donnerstagabend verlor der Euro rund eineinhalb Prozent gegenüber dem US-Dollar.

So erreicht man natürlich, zumindest kurzfristig, ein Anziehen der Teuerung. Aber was, bitte schön, nutzt es den Bewohnern der Eurozone, wenn nun alle Importgüter, allen voran die wirtschaftlich notwendigen Energieträger Erdöl und –gas, teurer werden? Gerade für die Not leidende Bevölkerung in Spanien, Griechenland, Italien und zunehmend auch Frankreich sind steigende Energiekosten wenig hilfreich. Währungsabwertungen sind im Rahmen einer nationalen Währung ein probates Mittel, die Wettbewerbsfähigkeit des betreffenden Landes wiederherzustellen, im Rahmen einer Währungsgemeinschaft hingegen bleibt jene Klinge stumpf. Der direkte Konkurrent wertet stets mit ab – die Lücke in der Wettbewerbsfähigkeit kann so nicht geschlossen werden.

An den Börsen herrscht hingegen – wenig überraschend – Jubelstimmung. Allerdings muss auch hier die Frage lauten, was denn die Bewohner der Eurozone davon haben? Die realwirtschaftliche Entwicklung spiegelt sich in den haussierenden Börsen nicht wieder, zumindest wenn man den Blick nach Frankreich, Italien oder Spanien lenkt und auch in Deutschland mehren sich die Anzeichen, dass der Konjunktur die Luft ausgeht. Zudem profitieren von den Kurssteigerungen an der Börse meist nur wenige – einige wenige aber haben dafür Grund zur doppelten Freude. So beispielsweise Black Rock, die größte Vermögensverwaltung der Welt. Das Unternehmen hält nicht nur Beteiligungen an jedem DAX-Konzern und profitiert dementsprechend an der Börsenhausse, nein, es wird auch die Beratung der EZB übernehmen, wenn diese mit dem Ankauf von verbrieften Krediten (ABS) in Höhe von einer halben Billion Euro beginnt. Hier dürften noch einmal satte Gewinne winken.

Dieses Programm hat Mario Draghi natürlich nicht (nur) eingeleitet, um die alten Kumpel von der Wall Street glücklich zu machen, sondern weil in der gesamten Eurorettungskonstruktion den Banken eine essentielle Aufgabe zukommt. Diese können sie aber nur wahrnehmen, wenn man sie zuvor von den faulen Krediten in
ihren Büchern befreit hat. Früher, als es noch keine Bankenunion und keinen ESM gab, als die Finanzhäuser noch nicht mittels OTC-Derivaten auf Gedeih und Verderb aneinander gekettet waren, konnten Banken (auch große Geldhäuser) Pleite gehen. Heute löst bereits das Gerücht einer bevorstehenden Pleite ein globales Finanzerdbeben aus. Insbesondere natürlich im Euroraum, denn hier fungieren die Banken als Finanzierungsscharnier für die Rettungsmechanismen: Einerseits sollen sie die vom ESM emittierten Anleihen aufkaufen und ihn so finanzieren (was zu der absurden Situation führt, dass der ESM die eingenommenen Gelder wiederum dazu verwendet, angeschlagene Banken zu stützen) und andererseits sollen sie weiterhin auch und gerade die angeschlagenen Staaten refinanzieren. Für beides fehlt ihnen ob der faulen Kredite der Platz in ihren Büchern. Deshalb will die EZB diesen nun via besagtem ABS-Ankaufprogramm schaffen. Das Risiko, welches sie sich auf diese Weise in die Bilanz legt, geht natürlich zu Lasten der Steuerzahler in den noch einigermaßen solventen Staaten.

Damit die Banken dann auch wirklich wieder anfangen, Kredite zu vergeben anstatt all die von der EZB bereite gestellte Liquidität weiter zu horten, wird der Einlagenstrafzins glatt verdoppelt. 0,2 Prozent verlieren jene Bankhäuser, die ihre Liquidität lieber wieder bei der EZB parken als sie weiterzureichen.

Nur, und hier liegt der Hund begraben, wird dies alles nichts nützen, denn – so sagt das Sprichwort – man kann die Pferde nicht zum Saufen zwingen. Mit anderen Worten: Das Problem liegt nicht auf der Angebots- sondern auf der Nachfrageseite. Bürger und Unternehmen verweigern sich der weiteren Kreditaufnahme und Staaten wie Frankreich werden in ihrem Drang nach Schuldenausweitung derzeit zumindest noch von Brüssel und Berlin etwas gebremst. Draghi ist dies auch durchaus bewusst. Nicht ohne Grund forderte er ja bereits mehr oder weniger verklausuliert die EU-Staaten dazu auf, von der Austeritätspolitik (die ja ohnehin nur sehr, sehr lax verfolgt wird) endgültig abzurücken und über eine Ausweitung der Staatsverschuldung die Konjunktur wieder anzuschieben.

Für die malade Südschiene der Eurozone wäre dies natürlich der bequemste Weg. So könnte sich die politische Klasse dort die bitter nötigen, aber eben auch sehr schmerzhaften Reformen ersparen. Da jene Länder die Mehrheit im EZB-Rat (und damit auch in der Eurozone) stellen, werden sie letztlich diese Politik auch durchsetzen können. Die Länder, welche am Ende dafür geradestehen müssen, können allerhöchstens durch Rückzugsgefechte diese Politik verzögern, verhindern können sie jene nicht mehr. Die kolportierten Meinungsverschiedenheiten innerhalb des EZB-Rates und die deutlichen Hinweise, dass die Abstimmung über jene Maßnahmen nicht einstimmig gefallen sei, belegen dies hinreichend.

Der Verzicht auf Reformen, das Verhindern von (Bank)pleiten und das Übertünchen der realwirtschaftlichen Realitäten durch frisches Geld ist der bequeme Weg, aber er führt nicht zur Lösung der Probleme. Japan beweist dies seit nun mehr fast einem Vierteljahrhundert. Seit dem Platzen der Immobilienblase im Jahr 1990(!) herrscht hier wirtschaftliche Stagnation – allein die Schulden sind auf unglaubliche 270 Prozent des BIP angewachsen. Möglich wurde dieser ungeheure Wert nur, weil die japanischen Pensionskassen unbeirrt die Staatsanleihen Nippons aufsaugen. Mit den Schulden wächst aber auch die Fallhöhe. Irgendwann (spätestens um das Jahr 2030 herum, wenn die japanische Demographie endgültig ihren Tribut fordert) wird das Ende der Schuldenfahnenstange erreicht sein. Dann werden die Jahre der Verzögerung und der Reformverweigerung schwer wiegen...

Für die EU und den Euroraum gilt dies natürlich ebenso – schon jetzt sind die eingegangenen Verpflichtungen so hoch und die gegenseitige Verflechtung der Mitgliedsstaaten so eng, dass eine geordnete Auflösung der Währungsgemeinschaft (nicht des gemeinsamen Marktes!) nur noch unter großen Schmerzen und schweren Verlusten machbar sein dürfte. Dennoch ist eine solche dem andernfalls unausweichlich kommenden, aber dennoch plötzlichen auftreten werdenden Kollaps der Währungsunion mit seinen verheerenden wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Konsequenzen vorzuziehen.

Quelle: Freitagsgedanken, von Dagmar Metzger, Steffen Schäfer und Christian Bayer, Liberale Vereinigung

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