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Leipziger Volkszeitung zum Jackpot-Fieber

Archivmeldung vom 05.12.2007

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 05.12.2007 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Ob Sie, liebe Leser, diese Zeilen zu sehen bekommen, ist ungewiss. Der Mittwochs-Leitartikel - so die vorläufige Festlegung am Mittag in der Redaktionssitzung - soll sich mit dem Thema Lotto beschäftigen. Allerdings nur, falls bis zum Abend keine abschließende Entscheidung im Bahntarifstreit fällt. Lohnt es da überhaupt, dass ein Zeitungsschreiber - der nachher noch zum Termin muss - schon vor der Dämmerung Gedanken zum Thema Jackpot-Fieber notiert?

Ja. Denn das Restrisiko einer raschen Einigung von Mehdorn und Schell liegt bei gefühlten 1:10.Zugegeben, die Chance für den richtigen Tipp fällt mit 1:139 Millionen weit niedriger aus. Lotto lohnt sich nicht - jedenfalls, wenn man es nüchtern betrachtet. Ausgezahlt werden nur etwa 50 Prozent der Einsätze. Der Rest fließt in Steuern, Zuwendungen für soziale, kulturelle und sportliche Zwecke. Auch der mit dem Spielbetrieb verbundene Verwaltungsaufwand muss finanziert werden. Der Lottoschein ist im Durchschnitt nur die Hälfte seines Preises wert. In den Wochen, in denen sich der Jackpot füllt, dürfte die Ausschüttungsquote sogar noch niedriger ausfallen. Wird der Millionen-Topf geknackt, müsste jener Statistikwert etwas steigen - falls ein Redakteur mit mäßigen mathematischen Fähigkeiten das verzwickte Rechenmodell des Spielbetriebs richtig begreift. Wirtschaftlich betrachtet, steckt dahinter ein seltsames Geschäftsgebaren. Autohändler würden sich wenig Freunde machen, wenn sie für Gebrauchtwagen das Doppelte des Wertes zu kassieren versuchten. Aber ein Lottoschein ist eben keine übliche Ware, sondern ein Coupon für Illusionen. Und während es Menschen keinerlei Freude bereitet, auszurechnen, wie geringfügig die Chance auf den großen Gewinn ausfällt, macht es einen Heidenspaß, zu überlegen, was sich mit 43 Millionen anstellen ließe. Vorfreude ist die größte Freude. Und so haben auch jene Menschen, die am Ende leer ausgehen werden, etwas vom Spiel - sie können sich den fantastischsten Träumen hingeben. Bis die Kugeln rollen. In die öffentliche Hand rollt der Euro beim Spiel jedoch garantiert. Während sofort ein Aufschrei der Empörung durchs Land gellt, wenn mal wieder die Steuern steigen, leisten die mit dem Jackpot-Virus Infizierten freudvoll ihren Sonder-Obulus fürs Gemeinwohl. Kein Wunder, dass der Staat sein Glücksspielmonopol mit Zähnen und Klauen zu verteidigen versucht. Die Verfassungsrichter verfolgen die Entwicklung mit Argwohn und haben vor einiger Zeit ein stärkeres Vorgehen gegen Spielsucht angemahnt. Doch trotz solcher Gefahren: Es ist keineswegs falsch, ab und zu ein kleines Risiko einzugehen. Bei der Bahn, so verlautet gerade, sei man auf einem guten Weg, aber die Verhandlungen würden sich hinziehen. Es war also nicht vergebens, sich schon beizeiten ein paar Gedanken zum Thema Lotto zu machen. Manchmal ist es mit dem Schreiben wie mit dem Spielen: Reine Glückssache.

Quelle: Leipziger Volkszeitung (von Armin Görtz)

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