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AZ: Unfallfrei von Bonn nach Berlin

Archivmeldung vom 18.06.2011

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 18.06.2011 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Deutschland wird wieder Nationalstaat. Wir sind wieder wer. Wir Deutschen werden nicht mehr zwanghaft Europas Vorbild sein und das mit unserem Scheckbuch teuer bezahlen. Nicht mehr länger uns künstlich klein halten gegenüber den Nachbarn, den Holländern etwa. Nicht mehr machen, was Frankreich sagt.

Unser politisches Auftreten wird unserer wirtschaftlichen Stärke entsprechen; endlich, schließlich haben wir auch die schlagkräftigste Armee auf dem Kontinent. Und wir bekommen unsere starke Mark zurück, trennen uns endlich vom weichen Euro. Und müssen auch nicht mehr andere retten. Unter unsere Geschichte, insbesondere diese zwölf Jahre, ziehen wir einen Schlussstrich. Und so weiter. Diese Projektion, stille oder weniger stille Sehnsucht für die einen, Schrecken für die anderen, hatte eine Chiffre: Berlin, die Hauptstadt. Der Umzug von John le Carrés so genannter "kleiner Stadt am Rhein" in die Millionen-Metropole an der Spree sei viel mehr als ein Tausch von Gebäuden für Parlamentarier und Bürokraten. Ein politischer Paradigmenwechsel: die Berliner Republik. Man muss diese Debatte von vor 20 Jahren den Jungen und Halbjungen ab ungefähr Jahrgang 1980 noch einmal erzählen, alleine, um sie zum Staunen zu bringen. Sie fahren nach "Mitte", wo kein Berliner Spießer den Ton vorgibt, sondern ein fröhliches, buntes Hautfarben- und Sprachengemisch herrscht. Die Jugend Europas kennt heute zwei Sehnsuchtsorte, London und: Berlin. Vielleicht noch Barcelona. Berlin, nicht der Prenzlauer Berg, sondern der Hackesche Markt, ist Deutschlands (Entschuldigung!) "place to be". Wer die viel diskutierte Gentrifizierung, hier: den Wandel vom Schmuddel-Kommunismus zum Kreativquartier studieren will, reist hier hin, oder schlägt, wie die Essener Mercator-Stiftung, hier ein Lager auf. Dieser Umzug von Bonn nach Berlin war nicht der befürchtete oder erhoffte Bruch mit der deutschen Nachkriegsgeschichte. Eine stabile, soziale Demokratie, fest eingebunden in Europa (auch wenn der Atom-Ausstieg ein deutscher Alleingang war), an der Seite Amerikas, auf gute Beziehungen erpicht mit Moskau, das ist heute die deutsche Realität. Trotz Berlin. Oder wegen Berlin? Fazit: Die aufgeregte Debatte um die "Berliner Republik" war gar nicht schlecht. Sie hat klar gemacht, was nicht gewünscht war: eine Rückkehr Preußens. Bonns rheinische, weltoffene Gelassenheit lebt nun in der neuen Hauptstadt fort.

Quelle: Westdeutsche Allgemeine Zeitung (ots)

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