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Leipziger Volkszeitung zu Mittelmeerunion

Archivmeldung vom 14.07.2008

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 14.07.2008 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Was verbindet - sagen wir einmal - Dänemark mit Syrien? Oder Norwegen mit Tunesien? Gehören Luxemburgs Regierungschef Juncker und Ägyptens Autokrat Mubarak in eine Liga? Vermutlich provozieren die Antworten kaum Widerspruch: Nicht sonderlich viel bis nein. Was also treibt Frankreichs Präsident Sarkozy bei seinem Lieblingsprojekt Mittelmeerunion?

Es wäre zu einfach, die Idee einzig dem in der Tat von politischem Geltungsbedürfnis und Aktionismus geprägten Staatsoberhaupt zuzuschreiben. Die Region des Mittelmeeres stellt seit der frühen Antike für Anrainerstaaten, Nachbarn und Mächte mit imperialen Ansprüchen ein verlockendes ökonomisches und strategisches Ziel dar. Islamismus, Unterentwicklung und Terrorismus sind eine riesige Herausforderung. Nahost-Kriege und Migrationsströme aus dem Süden zeigen zudem: Ohne Regelung der Probleme in der Region des südlichen Mittelmeeres wird auch Europa nicht in Ruhe leben. Soweit, so gut. Die wichtigste Regel einer Idee lautet allerdings, dass sie umsetzbar sein muss. Im gegenteiligen Fall gerät die Vision zum Größenwahn. Das entscheidende Dilemma der avisierten Union besteht in dem Widerspruch zwischen den hehren Ansprüchen und der Unmöglichkeit ihrer Realisierung. Frankreichs zunehmende Orientierung auf Israel schließt die Integration arabischer Staaten aus. Freiheit des Kapitalverkehrs bei gleichzeitiger Verhinderung der Freizügigkeit der Menschen stempelt die Migration zur Illegalität. Vor allem aber liegt der Unionsidee die naive Auffassung zugrunde, eine Vereinheitlichung von Institutionen werde ganz von selbst zu einer Angleichung der enormen Unterschiede im Lebensniveau nördlich und südlich des Mittelmeeres und zu mehr Demokratie führen. Fast alle Staaten der maghrebinischen Region werden noch immer von autoritären oder halbautoritären Regimes beherrscht. Und in fast allen Fällen drückt Europa beide Augen zu, wenn die Angst dieser Autokraten vor einer islamistischen Machtübernahme als Vorwand zur Beschneidung demokratischer Grundrechte herhalten muss. Kaum anzunehmen, dass sich Ägyptens Präsident Mubarak durch die Mitgliedschaft in der Union zu Demokratie und Meinungsfreiheit, wirklichen Wahlen und Zulassung einer Opposition veranlasst sehen wird. Diese Unverbindlichkeit ist es wohl auch, die sogar verfeindete Staats- und Regierungschefs wie Syriens Assad und Israels Olmert einer Teilnahme zustimmen lässt. Frieden bringen derartige Treffen nicht wirklich. Natürlich weiß das alles auch Initiator Sarkozy. Dass der französische Präsident dennoch sein Projekt forciert, hat eine strategische Erklärung: Paris strebt ein Gegengewicht zur Osterweiterung der EU an, die die Bedeutung Deutschlands erhöht. Daraus dürfte nach der von Berlin durchgesetzten Verschiebung der Macht- und Entscheidungskompetenz der Mittelmeerunion in die EU nun nichts werden. Die Mittelmeerunion wird kein Forum für Sarkozys Alleingänge. Das ist gut. Bedenklich stimmt der Preis - die Verwässerung der Union durch eine aufgeblähte Mitgliedschaft und eine Themenagenda, die alles umfasst und kaum etwas löst.

Quelle: Leipziger Volkszeitung

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