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Lausitzer Rundschau: Rechnung mit Unbekannten

Archivmeldung vom 30.04.2011

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 30.04.2011 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Sind es Hunderttausende? Oder gar Millionen? An diesem Wochenende fallen die wichtigsten Außengrenzen des deutschen Arbeitsmarktes. Und die Ökonomen überbieten sich mit Zahlenspielen über einen Massenansturm von Arbeitsuchenden aus Mittel- und Osteuropa. Wie viele Polen, Esten oder Slowaken tatsächlich ihre Heimat in Richtung Deutschland verlassen werden, lässt sich jedoch kaum vorhersagen.

Klar ist nur, dass schon die Diskussion darüber viele Bundesbürger sorgenvoll in die Zukunft blicken lässt. Zunächst einmal ist festzuhalten, dass Deutschland seinen Arbeitsmarkt über Jahrzehnte so verriegelt hat wie kaum ein anderer EU-Staat. In Ländern wie Großbritannien und Irland gingen schon vor sieben Jahren die Schlagbäume für Arbeitsmigranten aus den neuen EU-Ländern hoch. Und viele gut ausgebildete Leute kamen. Dass sie sich jetzt nach Deutschland umorientieren, ist kaum vorstellbar. Dabei wäre ein solcher Schritt sogar wünschenswert. Denn zahlreiche Betriebe klagen längst über akuten Fachkräftemangel. Gerade Polen erlebt zurzeit einen beispiellosen wirtschaftlichen Aufschwung. Ähnlich ist es in Teilen Tschechiens. Das macht das Daheimbleiben attraktiver. Bleiben die schlecht Qualifizierten. Davon hat Deutschland aber jetzt schon leider viel zu viele. Jeder fünfte in dieser Gruppe ist arbeitslos. Bekämen sie in größerer Zahl Konkurrenz aus den neuen EU-Staaten, würde das ihre Lage noch verschärfen. Sicher, mit den beschlossenen Mindestlöhnen für einige Problembranchen rang sich die Bundesregierung nach harter koalitionsinterner Debatte zur Vorbeugung mancher Auswüchse durch. Für einen deutschen Beschäftigten gelten diese Lohnuntergrenzen genauso wie für einen polnischen oder lettischen Arbeitnehmer, der sich hier verdingt. Insofern trügt auch der Eindruck der meisten Bundesbürger, die Regierung hätte praktisch nichts zu ihrem Schutz getan. Zu fragen ist allerdings, ob sie genug getan hat, um den weit verbreiteten Ängsten zu begegnen. Hier sind zumindest Zweifel angebracht. Im Gastgewerbe, in Schlachtbetrieben oder im Einzelhandel werden Hungerlöhne gezahlt, die allen politischen Sonntagsreden Hohn sprechen. Als Großbritannien 2004 seinen Arbeitsmarkt öffnete, rechneten Ökonomen zunächst mit etwa 100 000 Zuwanderern. Tatsachlich aber kamen rund eine Million. Eine Diskussion über Lohndumping blieb dem Land trotzdem erspart. Denn schon damals verfügte Großbritannien über einen flächendeckenden Mindestlohn. Heute wollen nur noch zwei der 27 EU-Staaten nichts davon wissen: Zypern und Deutschland. Vielleicht sorgt ja die Praxis der neuen Arbeitnehmerfreizügigkeit für einen Sinneswandel in Berlin.

Quelle: Lausitzer Rundschau

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