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tz München: US-Abzug aus Afghanistan

Archivmeldung vom 24.06.2011

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 24.06.2011 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Für Sieges- oder gar Friedensfeiern gibt es weder Grund noch Anlass. Doch immerhin hat Barack Obama einen ersten Schritt gemacht, wenn er jetzt die ersten Soldaten vom Hindukusch abzieht. Der US-Präsident hat erkannt: Die Militärstrategen sind gescheitert - trotzdem geht es ihm bei seiner Abzugs-Ankündigung mehr um Amerika als Afghanistan.

Fast zehn Jahre kämpfen die Alliierten schon in dem Land, doch die Erfolge sind angesichts der Unsummen an Kriegskosten mehr als bescheiden: Außerhalb Kabuls regieren nach wie vor Taliban und andere Warlords, der Schulbesuch ist für viele junge Afghanen noch immer eine Seltenheit und ihre Eltern bauen notgedrungen lieber Schlafmohn als Getreide an. Angesichts der enormen Verschuldung von fast 15 Billionen US-Dollar und der akut drohenden Staatspleite können sich die USA den täglich Millionen verschlingenden Krieg einfach nicht mehr leisten. Nach dem Tod des Terrorpaten Osama bin Laden, der mit den Anschlägen vom 11. September 2001 zum Inbegriff des amerikanischen Traumas wurde, fehlt dem US-Präsidenten jetzt bei den Amerikanern die moralische Rechtfertigung für den blutigen Einsatz - der damit Obamas Wiederwahl im kommenden Jahr gefährdet. Um das Schicksal der einfachen Afghanen, ihrer Kinder und Frauen ging es den tonangebenden Militärs ohnehin nur sehr selten. Sie versuchten, die Terroristen von Taliban und Al-Kaida wie eine Armee zu bekämpfen und verzettelten sich darin. Die Wurzeln des fanatischen Islamismus - niedriger Bildungsstand gepaart mit wirtschaftlicher Perspektivlosigkeit - konnten so weiter wuchern. Alliierte Bomben bringen keine Bildung. Obama verschafft sich jetzt innenpolitisch Luft zum Atmen: Schließlich kündigte er statt einem baldigen Komplettabzug aus Afghanistan lediglich an, das US-Kontigent am Hindukusch auf das Niveau zu Beginn seiner Präsidentschaft abzusenken. Trotzdem wird diese Entscheidung weltweite Folgen haben, wie die postwendenden weiteren Rückzugsankündigungen von Großbritannien, Frankreich und Spanien zeigen. Denn nicht die Vernunft, sondern die pure Solidarität mit den Toten des 11. September haben diese Länder und Deutschland 2001 mit an den Hindukusch ziehen lassen - in einen Feldzug George W. Bushs, der vor allem Rache statt ein politisches Konzept für das seit Jahrzehnten von Kriegen gebeutelte Afghanistan als Motiv hatte. Die Militärstrategie ist in weiten Teilen gescheitert. Das muss jetzt auch die Bundesregierung eingestehen und ihren Afghanistan-Plan erklären.

Quelle: tz München (ots)

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