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Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Merkels Antwort auf Helmut Kohl

Archivmeldung vom 26.08.2011

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 26.08.2011 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Leiser kann man nicht antworten. Angela Merkels Replik auf die harsche Kritik ihres Vorvorgängers Helmut Kohl mag alles sein, eine Gegenattacke ist sie nicht. Mit der Formulierung »Jede Zeit hat ihre spezifischen Herausforderungen« liefert die Kanzlerin eine Antwort aus dem Lehrbuch für Politikerphrasen. Was hier zu lesen steht, ist immer richtig, aber meistens auch nichtssagend. Dabei darf man sicher sein, dass sich Angela Merkel über Helmut Kohls Einlassungen nicht gefreut hat.

Schließlich hat die Kanzlerin mehr als genug Probleme. Des Altkanzlers Analyse kommt für sie zur Unzeit. Zudem gebe es mit Blick auf Kohls Europastrategie, die ja ganz wesentlich auch darin bestand, Fortschritte im Einigungsprozess aus der deutschen Staatskasse zu bezahlen, durchaus Grund zur Gegenrede. Warum also so vorsichtig, Frau Merkel? Sicher dürften Höflichkeit und der Respekt vor der politischen Lebensleistung ihres einstigen Ziehvaters eine Rolle spielen, allen Meinungsverschiedenheiten in Gegenwart und Vergangenheit zum Trotz. Auch ist da das nüchterne Kalkül der Kanzlerin, dass eine Retourkutsche angesichts der medialen Ausbreitung und des folgenden Stellungskampfes mit den immer noch zahlreichen Kohl-Anhängern in der Union ihr nur schaden würde. Doch das ist nicht alles. Angela Merkel weiß nur zu genau, dass Helmut Kohls Analyse nicht nur im Grundsatz treffend ist, sondern noch dazu erstaunlich präzise ausfällt. Zwar geht nicht alles davon auf ihr Konto, auch Rot-Grün bekommt ja von Kohl mit Blick auf die Verletzung der Stabilitätskriterien und der Griechenland-Aufnahme in die Euro-Zone kräftig die Leviten gelesen. Das aber nützt Merkel nichts, denn der Vorwurf »kein Kompass, kein Kurs« zielt immer auf den, der das Schiff steuert. Und dieser Vorwurf zielt weit über ihre Europa-Politik hinaus. Er passt auch auf die Positionierung der schwarz-gelben Koalition in der Libyen-Frage und die innenpolitischen Volten bei Wehrpflicht und Atompolitik. Zu lange hat Angela Merkel nicht verstanden, dass sie zu viele nicht mehr verstehen - in der Partei, im Parlament und auf der Straße. Die Kanzlerin der Bundesrepublik aber darf sich nicht zur obersten Sachbearbeiterin des Landes degradieren. Sie muss Wegweiserin sein. In diesem Sinne sind des Altkanzlers Worte ein Alarmzeichen. Angela Merkel stilles Eingeständnis von gestern könnte ein erstes Zeichen sein, dass sie die Botschaft verstanden hat. Reichen aber tut das nicht. Nach sechs Jahren im Amt steht Angela Merkel vor der schwersten Prüfung ihrer Kanzlerschaft. Sie muss jetzt voll ins Risiko gehen. Sie muss beweisen, dass an ihr Europa nicht scheitern wird, selbst wenn es sie selbst das Amt kosten sollte. Angela Merkel hat lange keine Projekt gehabt und wohl auch keines gesucht. Nun aber hat sie eines bekommen. Die Frage ist, ob und wie sie es annimmt

Quelle: Westfalen-Blatt (ots)

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