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Börsen-Zeitung: Einen Schritt weiter

Archivmeldung vom 03.12.2011

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 03.12.2011 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

In mehrfacher Hinsicht zeigen die aktuellen Entwicklungen an den Finanzmärkten, wie explosiv die von den Staatsschulden- und Bankenkrisen geschaffene Lage ist. Der Dax ist in der abgelaufenen Woche in der Tat explodiert. Zunächst von der Erwartung hochgetrieben, dass durchgreifende Maßnahmen zur Krisenbekämpfung unmittelbar bevorstünden, folgte ein zweiter kräftiger Schub nach oben, nachdem die Zentralbanken ihre globale konzertierte Aktion zur üppigen Versorgung der Banken mit Dollarliquidität angekündigt hatten. Zuletzt lag der deutsche Standardwerteindex am Freitag bei 6081 Punkten, womit er in nur einer Woche um sagenhafte 10,7% zugelegt hatte.

Beeindruckt hat den Markt die von den Notenbanken dreier Zeitzonen gezeigte Entschlossenheit und Fähigkeit zum gemeinsamen Handeln. Den Marktteilnehmern flößt dies das Vertrauen ein, dass wie schon in der Subprime- und Lehman-Krise alles unternommen wird, um das Schlimmste zu verhindern. Eben darin liegt aber auch die Zweischneidigkeit der Ereignisse. Dass die Zentralbanken sich veranlasst fühlen, wie seinerzeit zu handeln, ist eigentlich gar nicht beruhigend. Vielmehr unterstreicht die Aktion nur, wie brisant die Lage für das Finanzsystem ist. Wenn die Feuerwehr ausrückt, heißt das, dass die Hütte brennt. Vor diesem Hintergrund ist es wenig wahrscheinlich, dass der Dax weiter so rasant zulegen wird wie zuletzt.

Andererseits gibt es Entwicklungen außerhalb Europas, die zeigen, dass nun auch nicht unbedingt schwarzgesehen werden muss. Während sich der alte Kontinent auf eine Rezession zubewegt bzw. einige Länder mittendrin sind, überrascht die Konjunktur in den USA positiv. Auch die am Freitag bekannt gegebenen Arbeitsmarktzahlen vom November haben die Erwartungen übertroffen. Das Bild, das die amerikanische Wirtschaft abliefert, ist zwar nicht unbedingt berauschend. Mit einem "nur" moderaten Wachstum, wie es zuletzt auch im "Beige Book" genannten Konjunkturbericht der US-Notenbank Fed festgestellt wurde, sind die Vereinigten Staaten derzeit jedoch alles andere als auf Rezessionskurs.

Ermutigende Signale kommen auch von den Schwellenländern. Seit August, als die brasilianische Notenbank von den Märkten völlig unerwartet ihren Leitzins Selic um 50 Basispunkte auf 12% senkte, ist in den Emerging Markets eine geldpolitische Kehrtwende, eine Welle monetärer Lockerungsmaßnahmen zu beobachten, nachdem ihre Währungshüter zuvor aufgrund der stark anziehenden Inflationsraten auf die Bremsen getreten haben. In der abgelaufenen Woche hat diese Bewegung nun einen vorläufigen Höhepunkt erreicht. Denn mit China hat sich die mit Abstand größter Emerging-Market-Volkswirtschaft der Bewegung angeschlossen. Nach drei Jahren mit restriktiven Maßnahmen, wurden nun erstmals die Mindestreserveanforderungen reduziert. Außerdem hat das Comitê de Política Monetária der brasilianischen Zentralbank die dritte Leitzinssenkung in Folge auf nunmehr 11% beschlossen.

Flankiert werden die geldpolitischen Lockerungsschritte mit weiteren konjunkturstimulierenden Maßnahmen, mit denen ein Wachstumseinbruch verhindert werden soll. So wurde in China zur Nachfrageförderung die Armutsgrenze angehoben, so dass nun 100 Millionen Menschen zusätzlich Anspruch auf staatliche Sozialleistungen erhalten. In Brasilien wurden u.a. Konsumsteuern gesenkt. Mit Indonesien, dessen Zentralbank ebenfalls mit einer Leitzinssenkung überraschte, hat sich ein weiteres großes Schwellenland der Lockerungswelle angeschlossen. Hinzu kam zuletzt Thailand, dessen Notenbank sich allerdings auch aufgrund der Flutkatastrophe zum Handeln veranlasst sah. Aus Sicht der Märkte ist entscheidend, dass nun auch von den Emerging Markets starke stützende Impulse gesetzt werden. Das Risiko einer sehr starken Abschwächung des Wachstums in den Schwellenländern wird erheblich reduziert und letztlich die Basis für eine Wiederbelebung gelegt.

Voraussetzung dafür bleibt aber eine nachhaltig funktionierende Lösung der europäischen Staatsschuldenkrise. Gelingt dies nicht, könnten die Risiken in der Bankenlandschaft, die die konzertierte Aktion der Notenbanken ausgelöst haben, noch böse Überraschungen hervorbringen, mit fatalen Folgen für das Finanzsystem und die Weltwirtschaft. Dann bliebe nur noch als bitteres Fazit: Gestern standen wird am Rande des Untergangs, heute sind wir einen Schritt weiter.

Quelle: Börsen-Zeitung (ots)

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