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Das Westfalen-Blatt (Bielefeld) kommentiert: Machtpolitik des 19. Jahrhunderts

Archivmeldung vom 13.08.2008

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 13.08.2008 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Machtpolitik des 19. Jahrhunderts am Kaukasus, kalter Krieg im Weltsicherheitsrat, angstvolles Durchzählen russischer Pässe bis ins Baltikum: Wer hätte gedacht, dass überwunden geglaubte Zustände binnen kurzem wieder an der Tagesordnung sind?

Dimitri Medwedew, der im Kreml, wenn überhaupt etwas, dann die Rolle des God Guy übernommen hat, verfügte gestern den Stopp der russischen Armee - 90 Kilometer vor der schutzlosen georgischen Hauptstadt Tiflis. Unterdessen hat sein vermeintlicher Ministerpräsident Wladimir Putin den Westen ausmanövriert und imperiales Verhalten der unseligsten Art demonstriert. Keine Frage, Georgiens Staatspräsident Michail Saakaschwili hat sich schwer verkalkuliert und Schuld auf sich geladen. Er unterschätzte die Entschlossenheit Russlands, ordnete einen selbstmörderischen Angriff auf das abtrünnige Südossetien an und vergaß dabei, den einzigen Nachschubtunnel nach Nordossetien als erstes blockieren zu lassen. Jetzt steht der keinesfalls lupenreine Demokrat und engste Freund des Westens mit leeren Händen da. Er hat zwei Provinzen auf immer verloren, ganz gewiss die Nato-Beitrittsperspektive und wahrscheinlich auch sein Amt. Russlands Außenminister Sergej Lawrow ließ schon mal verlauten, es wäre besser, wenn »Herr Saakaschwili nicht unser Verhandlungspartner sein kann«. Will sagen: Rest-Georgien soll sich gefälligst eine Moskau-genehmere Regierung geben. George W. Bush ist hilflos. Zbigniew Brezinki, der Sicherheitsberater des früheren US-Präsidenten Jimmy Carter (1977-1981), fand dagegen um so klarere Worte: Putin habe Russland einen Kurs einschlagen lassen, der dem von Stalin und Hitler in den 30er Jahren sehr ähnlich sei. Das sagte der einstige »Falke« aus dem Weißen Haus, der das seltene Kunststück vollbrachte, keinen Krieg im Namen der USA führen zu müssen. Brzezinski stimmt dabei Schwedens Außenminister Carl Bildt ausdrücklich zu, der diesen weit greifenden Vergleich zog: Putins Rechtfertigung des Aufsplitterns Georgiens wegen der hohen Zahl von Bürgern mit russischen Pässen erinnere sehr an Adolf Hitlers Taktik zur »Befreiung« der Sudentendeutschen in der damaligen Tschechoslowakei. Ob auch noch der nächste Schritt, damals von den Nazis »Zerschlagung der Rest-Tschechei« genannt, folgt, ist zur Stunde nicht absehbar. Russlands Truppen haben Anweisung stehen zu bleiben, nicht zurückzuweichen und in ihrem Rückraum jeden Mucks mit aller Härte zu beantworten. Mehr Drohpolitik gegenüber einem souveränen Nachbarstaat hat es seit dem Einmarsch der Sowjetunion Weihnachten 1979 in Afghanistan nicht mehr gegeben. Die Gebärde reicht - alle haben verstanden. Nackte Angst geht um in Kiew, aber auch in Vilnius, Riga und Tallinn. Von dort schauen die Menschen hilfesuchend nach Brüssel zur Nato.

Quelle: Westfalen-Blatt

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