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LVZ: Tickende Zeitbombe

Archivmeldung vom 28.12.2007

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 28.12.2007 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Spitzenpolitiker Pakistans sind nur selten auf friedliche Weise aus dem Amt geschieden. Putsch, Exil oder Mord waren seit der Staatsgründung von 1947 die geläufigsten Methoden, um sich politischer Gegner zu entledigen.

1977 rief Zia ul-Haq das Kriegsrecht aus, zwei Jahre später ließ der General den gestürzten Regierungschef Ali Khan Bhutto hängen, 1999 putschte General Pervez Musharraf gegen die gewählte Regierung Nawaz Sharif und installierte das bereits vierte Militärregime Pakistans. Auch die Ermordung der ehemaligen Regierungschefin und Oppositionspolitikerin Benazir Bhutto markiert nur einen vorläufigen Höhepunkt der Gewalt, mitnichten ihr Ende. Dabei war es die Regierung Bhuttos selbst, die mit der Unterstützung der Taliban gegen Kabul bedenkenlos Terror zu einem Mittel der Politik erklärte. Die Angst vor dem iranischen Einfluss in der Region diktierte damals die Entscheidung, für die auch Washington aus ähnlichen Befürchtungen heraus grünes Licht gab. Vermutlich ist der Mord an Bhutto in den Reihen jener religiösen Fanatiker geplant worden, die aus den pakistanischen Taliban hervorgegangen sind. Dafür spricht nicht nur die Tatsache, dass islamistische Dschihadis Bhutto schon lange auf ihrer Liste hatten. Dafür spricht vor allem die Ohnmacht des Militärdiktators Musharraf, der trotz weitgehender Zugeständnisse an die Militär und Geheimdienst unterwandernden Islamisten zunehmend die Kontrolle über das Geschehen verliert. Seit sich Musharraf in Folge der Anschläge vom 11. September im Kampf gegen den Terrorismus unter Druck Washingtons auf die Seite von Präsident Bush geschlagen hat, ist der Staat endgültig zum Todfeind der Islamisten mutiert. Die Krise um die Rote Moschee zeigte, dass nicht einmal mehr der Geheimdienst ISI sein selbst geschaffenes islamistisches Frankenstein-Monster zu steuern vermag. Dennoch weigert sich Musharraf noch immer, seine demokratischen Gegner an der Macht teilhaben zu lassen. Der Glaube, auch ohne zivilgesellschaftliche Kräfte mit dem Islamismus fertig zu werden, dürfte sich mit dem Mord an Bhutto nun endgültig erledigt haben. Musharraf hat als Garant der Stabilität offensichtlich versagt. Als untauglich hat sich aber auch die Politik der Bush-Regierung erwiesen, die Musharraf weder fallen lassen noch stärken will. Es ist ein Armutszeugnis wenn US-Vizeaußenminister John Negroponte den Diktator als "unsere Option Nummer eins, Nummer zwei und Nummer drei" beschreibt. Es mag ja sein, dass den schwachen demokratischen Parteien Pakistans nicht der plötzliche große zivilisatorische Wurf zuzutrauen ist. Doch der Anschlag auf Bhutto belegt: Mittelfristig gibt es zu ihnen keine Alternative. Ob sich Bush zu dieser Schlussfolgerung durchringt, bleibt offen. Noch darf sich Musharraf in der Gewissheit wiegen, dass Washington keine andere Wahl zu haben glaubt, als sein Regime zu unterstützen. Die Lage in Afghanistan wertet Pakistan so lange auf, wie sie kritisch bleibt. Und solange ein US-Krieg gegen den Iran nicht vom Tisch ist, wird Bush am Regime festhalten. Was deutlich macht - ohne eine generelle Änderung der bisherigen Strategie bleibt Pakistan, was es ist: ein im Kampf gegen den Islamismus vermeintlich kleineres Übel, das in Wirklichkeit eine tickende Zeitbombe ist.

Quelle: Leipziger Volkszeitung


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