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Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zur Euro-Krise

Archivmeldung vom 03.12.2011

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 03.12.2011 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Irgendwie wollen Weissagung und Wahrnehmung nicht zusammenpassen: Während weltweit Ökonomen vor dem Kollaps der Euro-Zone warnen, werden an diesem zweiten Adventswochenende auch in Paderborn und Gütersloh, in Herford, Höxter und Bielefeld die Innenstädte wieder voll sein. Das Weihnachtsgeschäft läuft auf Hochtouren. Noch lassen sich die Menschen nicht verrückt machen. Das ist gut so und sollte nicht nur den heimischen Einzelhandel freuen. Zwar ist die Euro-Krise seit Jahr und Tag in aller Munde, doch hatten wir Deutschen darunter bisher vergleichsweise wenig zu leiden.

Auch haben das mediale Dauerfeuer und die andauernden Gipfeltreffen das Publikum ermüdet. Das alles führt zu einer Ruhe, die trügerisch ist. Ohne die konzertierte Aktion der Notenbanken zur Wochenmitte wäre der internationale Bankenhandel womöglich schon zusammengebrochen. Auch ohne jede Panikmache kommt man nicht umhin, die Lage als überaus bedrohlich zu beschreiben. Angela Merkel versucht genau diesen Spagat. In ihrer Regierungserklärung sprach die Kanzlerin von »der schwersten Bewährungsprobe, die Europa je erlebt hat«. Nur tat sie dies angesichts der ungeheuren Aufregung rundherum erstaunlich unaufgeregt. Auch weigert sie sich weiterhin standhaft, den Eindruck zu erwecken, es könne den einen großen Befreiungsschlag geben. Gleichwohl sind die Eckpunkte für das Treffen mit Nicolas Sarkozy und den EU-Gipfel klar. Die Kanzlerin will Vertragsänderungen, die die Einhaltung der Stabilitätskriterien der politischen Willkür und nationalstaatlichem Egoismus entziehen - gerichtsfeste Sanktionen inklusive. Angela Merkel nähme es notfalls in Kauf, dass dabei nur die 17 Staaten der Euro-Zone mitziehen. Im Gegenzug wird sie, wenn auch zähneknirschend, zustimmen, dass die Europäische Zentralbank zumindest für einen längeren Zeitraum und in noch größerem Umfang als bisher Staatsanleihen aufkauft. Vorerst weiter tabu bleiben für die Kanzlerin Eurobonds. Was Wunder, würden ihr die doch innenpolitisch um die Ohren gehauen - nicht nur von den Koalitionspartnern CSU und FDP, sondern vor allem vom Bundesverfassungsgericht. Angela Merkel bleibt bei ihrer Doppelstrategie: Sie will nicht nur den Euro durch die Krise retten, sie will zugleich den institutionellen Rahmen der EU so ändern, dass die Fehler im System behoben werden, die vor allem mit Blick auf die Euro-Zone zu beklagen sind. Anders gesagt: Während der Notfallversorgung des Patienten leitet sie schon die Reha ein, weil der Leidensdruck in dieser Phase naturgemäß am größten ist.  Das ist und bleibt ein gewagtes Unterfangen. Die vermeintlich risikoscheue Angela Merkel geht volles Risiko. Scheitert ihr Plan, dürfte nicht nur ihre Kanzlerschaft, sondern auch der Euro am Ende sein. Geht er auf, werden die Geschichtsbücher die Kanzlerin eines Tages als Architektin eines neuen Europa ausweisen.

Quelle: Westfalen-Blatt (ots)

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