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WAZ: Provozierendes zum Hauptthema

Archivmeldung vom 06.06.2008

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 06.06.2008 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Einen Prediger, der Massen faszinieren kann, haben wir auch. Einen rhetorischen Meister, der aus müden Versammlungen johlende Volksfeste macht. Der in den Talkshows die Leute an die Wand spielt und sich mit populären Sätzen und Forderungen den Szenen-Applaus abholt. Und der das Partei-Establishment ratlos bis verräterisch aktionistisch zurücklässt. Der eigentlich schon verloren hatte. Einen Obama für Deutschland?

Kein Problem. Den haben wir schon. Nur: Unser Barack heißt Oskar.

Schade auch. Dumm gelaufen. Aber vielleicht legt der zugegeben provozierende Vergleich einen anderen Schluss nahe: Vielleicht wäre es für Deutschland besser, ohne den Typus Obama auszukommen. Sicher: Ein Schuss Obama wäre gut für Kurt Beck, die schlingernde Walz aus der Pfalz. Nur: In puncto Pathos schneidet auch Angela Merkel gegen Obama ab wie ein Physiklehrer gegen einen Fußballstar. Und dennoch ist sie beliebt - Obama ist nicht alles.

Wichtiger als Ausstrahlung ist Überzeugungskraft, neudeutsch: Authentizität. In ihrer ganzen Nüchternheit ist Merkel in Einklang mit sich selbst. Bei Beck spürt jeder die Orientierungslosigkeit. Und neben diesem persönlichen hat der hinwegschwindende SPD-Vormann noch ein ganz anderes Problem: Die SPD, die ihn tragen soll, weiß nicht wohin.

Es gibt weitere Gründe, weshalb ein Obama nicht nach Deutschland passt. Amerikaner sagen: Packen wir's an (Obama: Yes, we can). Deutsche sagen: Gucken wir mal. Amerikaner lieben das Risiko (Obama: Change), Deutsche die Sicherheit. Amerikaner sind eher hoffnungsfroh und fröhlich, Deutsche tendieren zu Skepsis und Melancholie (auch wenn wir, siehe Fußball, lernen). Das amerikanische Glas ist halb voll, das deutsche halb leer. So schließt sich der Kreis: Der amerikanische Obama weist nach vorne, seine deutsche Version zurück.

Amerikanischer Idealismus ist am Ende pragmatisch und gelassen, deutscher Idealismus tendierte auch schon zum gestressten Extrem, meinte es, vom vermeintlich Guten erst einmal unerbittlich überzeugt, tödlich ernst (Hitler, Honecker).

Aus all dem haben die Deutschen die richtige Konsequenz gezogen: und sich einen kritischen Rationalismus als Grundhaltung verordnet. Das ist im Alltagsgeschäft zwar manchmal anstrengend, zeitraubend und uneffektiv, dafür können wir aber sicher sein, morgen Früh nicht in einem anderen Land aufzuwachen. Und darum brauchen wir keinen Obama.

Quelle: Westdeutsche Allgemeine Zeitung (von Ulrich Reitz)

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