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Westdeutsche Zeitung: Stammzellentscheidung des Bundestages

Archivmeldung vom 12.04.2008

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 12.04.2008 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Die Wissenschaft zeigt sich erleichtert, auch wenn sie mehr erhofft hatte. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft hatte eine vollständige Freigabe gefordert.

Doch nach Lage der Dinge muss die Forschung schon zufrieden sein, dass mit der Verschiebung des Stichtags auf den 1. Mai 2007 die wissenschaftliche Arbeit in der Stammzellforschung in Deutschland überhaupt fortgeführt werden kann - reglementiert wie in kaum einem zweiten Industriestaat. Ob damit der Exodus von Spitzenforschern nach England oder in die USA gestoppt werden kann, ist zweifelhaft. Mit der Rückkehr des abgewanderten Sachverstands rechnet ohnehin niemand. Immerhin - das ist ein Erfolg - ist die absurde Strafandrohung entfallen, die über deutschen Wissenschaftlern schwebte, die im Ausland forschten. So weit die guten Nachrichten. Unterm Strich aber bleibt ein gesellschaftlich geschürtes Misstrauen gegen die Wissenschaft insgesamt. Nicht selten - auch gestern im Bundestag - wird der Eindruck erweckt, hier stehe eine gleichermaßen religiös wie staatlich approbierte Ethik gegen einen verantwortungslosen Wissensdrang, der auf der Jagd nach dem modernen Frankenstein alle moralischen Dämme niederreißt. Dabei haben die wissenschaftlichen Vorhaben zumindest einigen Respekt verdient. Stattdessen aber stehen die Biowissenschaften unter einem Generalverdacht, als habe die Freiheit der Wissenschaft keinen Verfassungsrang. Die Vorstellung aber, es sei Sache von Politik oder Kirche, angeblich gewissenlosen Technikern des Machbaren "Moral" beizubringen, hat durchaus etwas lächerliches. Und wird scheitern. Denn was taugt eine Moral, deren einziger Triumph am Ende die Vertreibung deutscher Wissenschaftler ins Ausland ist? Auf Dauer wird der Gesetzgeber unseren Forschern nicht untersagen können, was ihren Kollegen im Ausland erlaubt ist. Die gestrige Entscheidung des Bundestags war auch eine Kapitulation vor dieser Einsicht. Allerdings nur bis zur Wiedervorlage: Denn wer zweifelt daran, dass spätestens in vier Jahren auch die heute freigegebenen Zelllinien unbrauchbar sind? Eine vorgeblich moralische Position aber, die sich alle fünf Jahre revidieren muss, wird unglaubwürdig. Und sie dient niemandem: weder den "Lebensschützern" noch der Wissenschaft.

Quelle: Westdeutsche Zeitung (von Eberhard Fehre)

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