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Südwest Presse: Kommentar zu Cross-Border-Leasing

Archivmeldung vom 27.11.2008

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 27.11.2008 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Bis vor wenigen Wochen galt Cross-Border-Leasing unter Kommunalpolitikern als eine Art finanzpolitisches Perpetuum mobile.

Das Rezept klang verführerisch: Man nehme seine Müllverbrennungsanlage, das Trinkwassernetz oder das Kanalsystem, vermiete oder verkaufe es an einen amerikanischen Investor, lege einen Teil des Kaufpreises auf langfristige Konten und erzielte aus Zinsgewinnen und Steuerersparnis Millionengewinne. Auf diese Weise konnten sich viele Kommunen problemlos leisten, was sie sonst mühsam über Kredite hätten finanzieren müssen. Die Anlage selbst blieb der Stadt selbstverständlich erhalten, weil sie zurückgeleast wurde, für 25, 50 oder auch 99 Jahre. Die Mär vom angeblich risikolosen Finanzgeschäft auf internationalem Parkett platzte in der Finanz- und Bankenkrise der vergangenen Monate wie eine Seifenblase. Aus dem vermeintlichen Segen wurde längst ein Fluch. Allein weil der US-Versicherungsriese AIG in seiner Kreditwürdigkeit zurückgestuft wurde und deshalb als Finanzgeber ausfiel, drohen viele Verträge zu platzen, wenn sich kein neuer Investor findet. Wenn sie nur könnten, würden viele Oberbürgermeister und Zweckverbandsvorsitzende ihre finanziellen Glücksbringer von einst liebend gern still und leise für ungültig erklären. Doch die Rückabwicklung wäre, wenn überhaupt möglich, teuer und überstiege wahrscheinlich die erzielten Gewinne. Deswegen kündigten die Landeswasserversorgung und die Bodensee-Wasserversorgung Preiserhöhungen für Trinkwasser an. Wie konnte es so weit kommen? Letztlich gehören diese Vorgänge in das Kapitel "Geiz ist geil und Gewinn ist alles". Eine Krankheit, die große Teile der Gesellschaft erfasst hatte, bevor die bittere Medizin der Finanzkrise sie auf den Weg der Besserung führte. Gesundet ist sie deshalb noch lange nicht. Dass Finanzjongleure zum Zocken neigen, hat kaum einen überrascht. Dass es anscheinend ehrbare Banker und Firmenchefs tun, verwunderte erheblich. Dass aber so viele Rathauschefs und Politiker so blauäugig mitspielten, auch nachdem die US-Regierung Neuabschlüsse verbot, weil der amerikanische Steuerzahler sie finanzieren musste, ist unglaublich. Geldgier, auch wenn es nicht um den eigenen Geldbeutel geht, macht offensichtlich blind für Risiken. Was aber soll das Volk von seiner Elite denken? Erst waren es maßlose Topmanager mit ihren grenzenlosen Gehaltswünschen, die mehr als ein Stirnrunzeln hervorriefen. Dann die hochbezahlten Bankvorstände, die viele Millionen in windigen Spekulationsgeschäften verzockten. Jetzt sind es Oberbürgermeister und Verbandsvorsitzende, die dem Fetisch Cross-Border-Leasing nachliefen. Vertrauensbildende Maßnahmen sehen anders aus. Sie hätten es wissen müssen, dass irgendeiner doch die Rechnung bezahlen muss, von der sie profitierten. Zuerst waren es die US-Steuerzahler, die bluteten. Das war nicht in Ordnung. Der Staat, der selbst auf Steuerehrlichkeit dringt und Sünder verfolgt, kann nicht selbst nach Schlupflöchern suchen. Der Staat in der Rolle eines Winkeladvokaten, das ist wie eine Aufforderung zum Nachmachen. Glaubwürdig oder beispielhaft ist solch ein Vorgehen bestimmt nicht. Jetzt sind es die Kommunen, die zahlen müssen, weil ihre Gewinne aus dem Leasing zum Großteil bereits aufgebraucht sind. Die Zeche zahlen die Bürger. Wieder einmal. Inzwischen denken Politiker nach, wie man das unseriöse Cross-Border-Treiben beenden könnte. Einfach wird das nicht, und teuer auf jeden Fall. Die Frage ist nur, ob der Schaden für die demokratische Gesellschaft nicht wesentlich höher ist, wenn der Staat mit schlechtem Beispiel vorangeht.

Quelle: Südwest Presse

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