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Das Westfalen-Blatt (Bielefeld) schreibt zur Zinserhöhung der EZB

Archivmeldung vom 04.07.2008

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 04.07.2008 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Dafür, dass eigentlich alle mit einer Erhöhung um mindestens 0,25 Prozentpunkte gerechnet hatten, ist das Geschrei nach der nun gestern tatsächlich erfolgten Anhebung des europäischen Leitzinses ziemlich groß.

Von Frankreichs Staatspräsident Nicholas Sarkozy bis zum deutschen Finanzminister Peer Steinbrück und vom Wirtschaftsweisen Peter Bofinger bis zum Deutschen Gewerkschaftsbund reicht die Linie der Demonstranten. Unwillkürlich fragt man sich: Was haben all die Herren eigentlich für ein Bild von der Europäischen Zentralbank? Mehr als ein Jahr ist es her, dass die Währungshüter das letzte Mal den Leitzins verändert haben - mehr als ein Jahr, in dem die Preise in Europa nur eine Richtung kannten: weiter nach oben. Vor allem mit Blick auf die als Folge der US-Hypothekenkrise ohnehin geschrumpfte Geldmenge bei den Banken hat die EZB es die ganze Zeit bei Mahnungen belassen. Nun, da die Inflation aber schon an der Vier-Prozent-Marke kratzt, hat sie ein Mal die Rolle des Papiertigers verlassen und einen Viertelpunkt zugebissen: Schon soll sie der Mörder der Konjunktur und schuld an einer neuen Massenarbeitslosigkeit sein? Eine ernst zu nehmende Kritik sieht anders aus. Zugegeben: Der konjunkturelle Aufschwung hat sich verlang samt - in Deutschland ein bisschen, in Irland, Spanien und Italien ein bisschen mehr. Insofern könnte man meinen, die Zentralbank trete bei einem langsamer werdenden Zug noch zusätzlich auf die Bremse. In Wirklichkeit aber haben sich schon neue Heizer in der Lokomotive eingefunden: Gewerkschaftsführer, die mit Blick auf die tatsächliche und die erwartete (!) Preissteigerung ihre Lohnforderungen immer noch weiter in die Höhe schrauben. Würden sie sich durchsetzen, käme die Inflationsspirale erst richtig in Schwung. Verlierer wären am Ende alle: die Unternehmen, die Beschäftigten und die Verbraucher. Die sinkende Kaufkraft wäre dann in der Tat eine viel mächtigere Konjunkturbremse als die jetzige kleine Zinserhöhung. Die von Jean-Claude Trichet und seinen Direktoriumskollegen in der EZB beschlossene Währungsmaßnahme wird über einen längeren Zeitraum dazu führen, dass sich die Kredite ein bisschen verteuern werden. Die Möglichkeit, dass eine Millionen- oder gar Milliarden-Investition an den 0,25 Prozentpunkten scheitert, ist natürlich vorhanden. Sie ist aber wesentlich kleiner als der Einfluss der Energiekosten und der Währungsrelation, der Lohnentwicklung und selbst der Inflationsrate auf die Investitionsentscheidungen. Öl, da haben die Kritiker recht, wird durch eine Veränderung des Leitzinses nicht billiger. Hier müssen andere Mechanismen von Angebot und Nachfrage greifen. Aber es ist schon viel gewonnen, wenn die Inflationserwartung durch den Zinsschritt gebremst wird. Denn gerade beim Geld gilt: Was alle erwarten, tritt auch ein - schon allein deshalb, weil alle ihre Handeln danach ausrichten.

Quelle: Westfalen-Blatt

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