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WAZ: Finanzkrise - Koalition in Erklärungsnot

Archivmeldung vom 03.02.2009

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 03.02.2009 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Zu den Merkmalen der globalen Krise gehört, dass man morgens in Deutschland aufwacht und mittags denkt, man sei in Venezuela, wo Bundeskanzler Hugo Chavez die Enteignung einer Bank ankündigt. An das Wort Teilverstaatlichung hatte man sich gewöhnt, ebenso daran, über Geldbeträge unterhalb der Milliardengrenze gar nicht mehr zu reden. Aber Enteignung?

Abgesehen davon, dass eine definitionsgemäße Enteignung der Hypo Real Estate daran scheitern könnte, dass sie vielleicht nichts mehr wert ist, wundert man sich zusehends über die Krisenkommunikation der Bundesregierung. Den Rettungsschirm für Banken lehnte sie erst entschieden ab, um ihn dann entschieden aufzuspannen. Über das zweite Konjunkturpaket wurde angeblich nicht nachgedacht, bis es plötzlich die Gestalt von 50 Milliarden Euro annahm. Wer hier Erklärungen erwartet, muss Geduld aufbringen. Erklärungen werden Kanzlerin Merkel und Finanzminister Steinbrück wohl erst in der Rückschau liefern, wenn sie wissen, ob etwas funktioniert hat oder nicht. Denn sie wollen nicht, was sie tun.

Die Krise erzwingt, dass manche Überzeugung untergeordnet wird. Politik offenbart hier eine gewisse Orientierungslosigkeit, was Bürgern ein hohes Maß an Vertrauen abnötigt. Um dieses Vertrauen zu rechtfertigen, müssten Regierungsvertreter sich enorm bemühen, Überzeugung, Orientierung und Begründung überall dort zu vermitteln, wo es möglich ist. Ausgerechnet die Kanzlerin aber wagt ein riskantes wahltaktisches Manöver. Als sie beim CDU-Parteitag in Stuttgart der Welt der Bürger einen gedanklichen Besuch abstattete, rechnete sie mit der Welt der Finanzexperten ab. Man hätte, erläuterte Merkel, nur eine schwäbische Hausfrau fragen sollen, die mit der Lebensweisheit geantwortet hätte: "Man kann nicht auf Dauer über seine Verhältnisse leben." Das war vor acht Wochen.

Inzwischen ist die Republik in eine neue Dimension der Verschuldung eingetreten. Gerade erst hat CDU-Wirtschaftsexperte Norbert Röttgen der FDP Verantwortungslosigkeit vorgeworfen, weil sie gleichzeitig Steuerentlastung und Schuldenreduzierung fordere. Dennoch verspricht die CDU-Vorsitzende Steuersenkungen nach der Bundestagswahl. Entweder sind Schulden für Merkel kein Problem mehr, oder sie will um fast jeden Preis Kanzlerin bleiben. Eventuell sollte sie den Finanzexperten Josef Ackermann nach seiner Lebensweisheit fragen: "Ein gutes Image aufzubauen braucht sehr lange. Verlieren kann man es mit einer einzigen Handlung." 

Quelle: Westdeutsche Allgemeine Zeitung (von Angela Gareis)

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