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Berliner Morgenpost: Zum Schnäppchenpreis in die Grauzone der Macht

Archivmeldung vom 22.02.2010

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 22.02.2010 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Jetzt mal ehrlich: 6000 Euro für ein persönliches Gespräch mit Deutschlands wichtigstem Ministerpräsidenten, das ist doch ein Schnäppchenpreis. Zu diesem Tarif will oder vielmehr wollte die CDU in Nordrhein-Westfalen ihren Chef auf dem Parteitag in Münster vermieten. Fototermin wäre auch dabei, für die Firmen-Website, Lokalzeitung oder die nächsten Weihnachtskarten.

Der herzliche Dank aller um Transparenz bemühten Demokraten geht an den Düsseldorfer Landesverband der Union. Ganz offen haben die Parteistrategen den Ministerpräsidenten feilgeboten und damit dargelegt, was in der Politik ein ziemlich normaler, wenn auch weithin beschwiegener Vorgang ist: Ja, Politiker sind gegen Geld für ein Gespräch zu gewinnen. Übrigens nicht nur Konservative, sondern Vertreter nahezu aller Parteien. Das Geld, so viel Fairness muss sein, geht allerdings nicht in die eigene Tasche, sondern stützt die notorisch klammen Organisationen. Es gilt die Regel: Kohle ist Chefsache - wer eine Partei führen will, muss auch für die Betriebsmittel sorgen. Insofern ist Spendenbesorge nichts anderes als praktische Machtpolitik. Gerade in Wahlkampfzeiten brauchen Parteien Bares. Doch sie stecken in einem Dilemma: Da sind die immer wieder verschärften Regeln zur Parteienfinanzierung, zugleich schwinden zahlende Mitglieder. Reklame muss eingekauft werden. Kampagnen kosten Millionen, seien es die Plakate, Fernsehspots, Kundgebungen mit Konfetti-Regen und Luftballons. Weil in Deutschland Konsens darüber herrscht, dass man über Geld in der Politik entweder überhaupt nicht oder nur abfällig redet, sind Parteien gezwungen, unorthodoxe Quellen anzuzapfen. Beliebt im letzten Bundestagswahlkampf war das aus den USA bekannte Fundraising-Dinner. Ein Abendessen mit der Kanzlerin oder ihrem mutmaßlichen Partner Westerwelle kostete jeden Teilnehmer etliche tausend Euro, dafür gab dann ein es Menu, einen durchschnittlichen Vortrag und nachher noch Gelegenheit zum Plausch. Die erste Frage: Selbst wenn ein Wirtschaftsboss bei einem solchen Abendessen seine Wünsche loswird - werden sie hinterher auch erfüllt? Nicht auszuschließen, dass Deutschlands Energiekonzerne ihre Investitionen in Abendessen inzwischen bereuen. Zweite Frage: Was geschieht mit dem Geld? Wer sammelt ein, führt Buch, verwendet es? Es wäre eine spannende Aufgabe für den Bundestagspräsidenten zu ermitteln, wie viele Großplakate eine Partei aufgestellt hat und wie viele davon tatsächlich aus der Parteikasse bezahlt worden sind. Dritte und wichtigste Frage: Ab welchem Betrag ist ein Politiker bereit, Gefälligkeitsentscheidungen zu treffen? Reichen 6000 Euro, oder sollte es doch lieber eine Million sein? Das Beispiel Rüttgers zeigt: Die Parteienfinanzierung in Deutschland verharrt in einer Grauzone. Und jede neue Regel verdichtet den Nebel noch. Transparenz wäre wünschenswert, wird aber eine Illusion bleiben: Denn darüber müssten Parteien entscheiden.

Quelle: Berliner Morgenpost

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