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Das Märchen über WsA

Archivmeldung vom 19.10.2005

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 19.10.2005 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Michael Dahlke

Wofür steht WsA? Es ist die Abkürzung für ein Märchen, dem der deutsche Michel offenbar immer wieder gerne lauscht. www.flegel-g.de, berichtet

WsA = Wachstum schafft Arbeitsplätze. Das erzählt man uns schon seit den 80ger Jahren des letzten Jahrhunderts und alle Deutschen vernehmen es, scheinen aber nicht zu begreifen, dass diese Aussage ein Märchen ist, immer dann erzählt, wenn man dem Deutschen tiefer in die Tasche greifen will.

Am Anfang eines jeden Jahres ertönt die Stimme der Wirtschaftsweisen, die dann ihre Wachstumsprognose für das laufende Jahr abgeben. Gegen Ende des Jahres melden sich die Wirtschaftsweisen erneut, diesmal um die deutlich nach unten korrigierte Prognose zu verkünden, natürlich gepaart mit weisen Begründungen, schließlich heißen sie nicht umsonst Wirtschaftsweise.

Im Laufe des Jahres melden sich dann die verschiedenen Interessengruppen, mit immer der gleichen Leier:

  • Der Staat muss sparen
  • Der Staat muss die Wirtschaft entlasten, dann kommt auch das Wachstum
  • Die Lohnnebenkosten sind zu hoch
  • Die Löhne sind zu hoch
  • Deutschland gibt zu viel für Sozialleistungen aus
  • Wir brauchen Reformen
  • Deutschland ist international nicht mehr konkurrenzfähig
  • Durch die Globalisierung wird der Wettbewerb härter
  • Wir brauen ausländische Investoren
  • und und und .....

Natürlich ist damit die Politik überfordert, also lässt sie Expertisen anfertigen. Seltsam ist, dass sie die Expertisen dort anfordert, wo das Geschrei nach Reformen, nach sparen usw. am lautesten ist. Bevorzugte Lieferanten für Expertisen sind das IFO-Institut des Prof. Sinn in München, besonders bekannt für seine absolut neutrale Bewertung der Wirtschaftslage (ist nur ein Witz) und bei der Bertelsmann-Stiftung. Natürlich gibt auch das Institut für Wirtschaft in Köln Ratschläge, dass zu der ein ganz klein wenig Interessengeleiteten INSM gehört. Aufmerksam lauscht unsere Politik auch dann, wenn sich das Institut für Weltwirtschaft in Kiel meldet, kurz, die Politik holt sich Rat dort, wo sie ihn gar nicht holen müsste, weil diese Institute die Ratschläge auch schon vorher an die Presse gegeben haben. Aber schließlich hat man im Budget die Kosten für die Expertisen eingeplant, also muss das Geld auch ausgegben werden. Die Institute sagen der Politik dann, was sie falsch macht:

  • Deutschland zahlt zu hohe Renten an die rücksichtslosen Alten, die die Zukunft der Jugend auffressen
  • Die Deutschen arbeiten zu wenig, haben zu viel Urlaub und machen zu oft auf krank und haben zu viele Feiertage
  • Die Arbeitslosen sind nur zu faul zum arbeiten und müssen mal ein wenig Druck bekommen
  • Die Steuern für die Unternehmen müssen gesenkt werden, damit sie international konkurrenzfähig werden
  • Arbeit muss billiger werden, damit der Standort Deutschland wieder attraktiver wird
  • Die Lohnnebenkosten fressen den Unternehmer auf und müssen dringend gesenkt werden

Die das sagen, müssen es wissen, denn fast alle haben einen Titel wie Professor oder Doktor und sind darum ja auch mächtig schlau.

Die BILD DIR UNSERE MEINUNG-Zeitung, das wohl intellektuellste Blatt im Lande druckt es aus und weil man ja spätestens seit Pisa weiß, dass der Deutsche blöd ist, nimmt man für die Mitteilung extra große Buchstaben und bringt auf der gleichen Seite noch das Bild eines Nackedeis, damit der Leser auch nur ja die Zeitung liest und der Deutsche Michel versteht. Die Jungen schimpfen auf die gierigen Alten, die Arbeitenden schimpfen auf das faule Pack, dass sich auf ihre Kosten einen schönen Lenz macht, schließlich hat Bild ja auch einen schönen Beweis geliefert, wie ein Arbeitsloser den Staat abzockt und nebenher schwarz arbeitet, abends vor der Glotze erfährt man dann von Report, Panorama, Focus TV und wie sie noch so alle heißen, wie schlimm die Abzocker in Deutschland wüten und Sabine Christiansen, die Politmutter der Nation macht sich mit ihren Gästen Gedanken, wie man Abhilfe schaffen könnte.

Tja, und ich? Mir kommt das Kotzen. Da gibt es in Deutschland eine Menge Leute, auch Professoren und Doktoren, die sagen, dass dieses ganze Gesülze ausgesprochener Schwachsinn ist und im Gegensatz zu den anderen begründen sie das auch. Doch die werden nur äußerst selten eingeladen, weil ihre Meinung nicht ins Konzept passt.

Was für ein Konzept ist das denn überhaupt, nach dem in Deutschland seit 30 Jahren Politik gemacht wird und besonders krass nach dem Zusammenbruch des Ostens, dem Zeitpunkt, an dem Westdeutschland seine Rolle als Schaufenster des Kapitalismus verloren hat? Es ist ein simples Konzept. Wer Geld hat, muss unbedingt noch mehr haben und deshalb muss man es denen nehmen die ohnehin kaum welches haben. Und weil es problematisch ist, die Mehreinnahmen des Kapitals so anzulegen, dass der Profit wächst und wächst, muss alles, was der Staat so betreibt, in die Hände der Wirtschaft übergehen, denn weniger Staat bedeutet mehr Profit. Damit man den Profit weiter ausweiten kann, müssen mehr Maschinen ran, damit man die teuren Arbeitnehmer abschaffen kann. Oder man schafft die Produktion ins Ausland, weil es ja noch Staaten gibt, die sich viel besser ausbeuten lassen, weil die Politiker dort noch korrupter sind.

Aber diese Maßnahmen muss man ja begründen. Dafür hat man heute Statistiken. Zunächst beweisen die Statistiken, dass es eigentlich keine Inflationsrate gibt, oder dass sie zumindest ganz minimal ist. Um das zu beweisen, erstellt das statistische Bundesamt einen Preisindex, der mit dem Vormonat und dem Vorjahr vergleichen wird. Erstaunlich, die Preise sind stabil, zumindest in der Statistik. Doch dort wird auch alles in einen Topf geworfen. Weil z. B. elektronische Geräte aufgrund neuer Techniken und der Tatsache, dass sie anfangs ohnehin völlig überteuert auf den Markt kamen, billiger werden, gleichzeitig aber die Produkte des täglichen Bedarfs teurer werden, spielt für die Statistik keine Rolle. Hauptsache, der Durchschnitt bleibt ziemlich gleich. Dass Unternehmen mitunter zwar die Preise beibehalten, aber den Inhalt verringern und somit indirekte Preiserhöhungen vornehmen, wird von der Statistik nicht wahrgenommen. Dass z. B. Melitta statt 100 nur noch 80 Filter in eine Packung packt und damit den eine Preiserhöhung um 20 % vornimmt, ohne den Verkaufspreis zu ändern, wird von der Statistik nicht registriert. Auch die zuvor befragten Institute kommen nun wieder ins Spiel. Da diese größtenteils von der Wirtschaft unterhalten und bezahlt werden und die Professoren für Gastreden mit den gewünschten Aussagen zusätzlich fette Honorare bekommen, liefern sie die gewünschten Begründungen, tischen Zahlen auf, mit denen sie ihre Aussagen belegen und verschweigen diskret dabei, dass diese Zahlen meist nicht vollständig, dafür aber gut frisiert sind. Die Politiker, die es mit Sicherheit besser wissen, ergreifen die vorgeschlagnen Maßnahmen, also schieben das Geld, dass sie unten wegnehmen, nach oben zu denen, die es nicht brauchen und weil damit der Staat dann schlecht bei Kasse ist, ein Effekt, den sie bewusst herbeiführen, müssen sie ans Eingemachte gehen und alles verkaufen, was nicht niet- und nagelfest ist.

Mit den Verkäufen, so behaupten sie, soll "der Haushalt saniert werden", aber das Gegenteil ist der Fall. Einnahmen aus diesen verkauften Unternehmen bleiben aus und vergrößern das Haushaltsloch. Da das eingenommene Geld sofort weitergeleitet wird, indem weiter Steuern gesenkt werden, werden die Schulden immer größer.

Die Wirtschaft, nun im Besitz eines ehemals staatlichen Unternehmens, baut zunächst mal Stellen ab und vergrößert damit die Arbeitslosigkeit, damit verschlechtert sie gleichzeitig den Service, denn sie kann sich darauf verlassen, dass der deutsche Michel noch immer glaubt, dass die Privatwirtschaft alles besser kann und trotz aller Gegenbeweise eisern an dieser Meinung fest hält. Durch den Stellenabbau werden dem Staat wieder Steuern entzogen, die Beiträge in die Sozialen Sicherungssysteme sinken, dafür steigen die Ausgaben für die zusätzlichen Arbeitslosen.

Was, wenn Steinbrück jetzt wirklich die Autobahnen verscherbelt, vielleicht noch die Bundesstraßen dazu? Die Vorbereitungen dafür sind schon lange im Gange.

  1. Man hat die Straßen verwahrlosen lassen, damit der Wunsch nach Privatisierung bei möglichst vielen auf Verständnis stößt.
  2. Gerade hat der Staat für teures Geld das Mautsystem errichtet und jeder hat mitbekommen, wie teuer es war. Jetzt fließen die ersten Einnahmen, die dann aber in privaten Taschen landen.
  3. Da man ohne eine Absenkung der KFZ-Steuern und evtl. 1 bis 2 Cent Absenkung der Mineralölsteuern der Bevölkerung das nicht schmackhaft machen kann, werden auch hier Einnahmen weg brechen.
  4. Die Käufer werden uns aber nicht umsonst fahren lassen und die Gebühren werden höher sein, als die bisherige KFZ-Steuer, die sicherlich ohnehin nicht ganz gestrichen wird. Also zahlen wir doppelt, an den Staat und an den Betreiber.
  5. Da der das Geschäft nicht bar, sondern mit Krediten finanziert, man zusätzlich aber auch noch Profit machen will, wird der Betreiber Personal abbauen
  6. Die Gebühren werden auf eine profitable Höhe geschraubt.
  7. Otto Normalverbraucher hat höhere Kosten, kann also weniger Geld ausgeben, damit entfallen für den Staat Steuereinnahmen aus der Verbrauchssteuer
  8. Den Unternehmen, die für den Binnenmarkt produzieren, bleiben weitere Käufer aus, was erneut zu Entlassungen führt und dem Staat weitere Steuereinnahmen entzieht
  9. Ein Teil der Pendler weicht auf die Landstraßen aus, was die Staus in den Städten weiter ankurbelt

kurz und gut, es ist ein Riesenverlustgeschäft für die überwiegende Mehrheit einschließlich des Finanzministers Steinbrück. Der sagt dann wieder, es muss gespart werden, kürzt an allen mögliche Stellen, verscherbelt weiteres Volkseigentum, wieder mit dem gleichen Effekt und in spätestens 20 Jahren gehört der Staat und mit ihm die Menschen einschließlich der kleineren und mittleren Unternehmen wenigen Familien des Großkapitals.

Aber heute geht das Speil nach alten Regeln weiter. Wer noch Arbeit hat, mosert weiter über das faule Pack der Arbeitslosen, wer inzwischen auch arbeitslos geworden ist, versteht die Welt nicht mehr, Politik, Wirtschaft und Wirtschaftsinstitute behaupten kontinuierlich, die Arbeitslosen seien unterqualifiziert und die Unterqualifizierten werden bei Bewerbungen mit der Aussage abgelehnt, sie seien überqualifiziert und dann kommt wieder mal eine neue Wahl und der deutsche Michel könnte Abhilfe schaffen. Tut er aber nicht, denn Wirtschaftsweise und Wirtschaftinstitute prognostizieren, der Aufschwung hat begonnen, die Politik argumentiert, wir müssen die Wirtschaft unterstützen damit das Wachstum kommt, der dumme deutsche Michel wählt hauptsächlich wieder die gleichen Leute, die ihn schon seit Jahren verarschen und nach der Wahl erfährt er dann, dass die Prognosen doch zu hoch waren und er sich auf harte Einschnitte vorbereiten muss, damit man Wachstum schafft.

Seit dem Mauerfall läuft dieser Schwachsinn in völlig ungebremster Form ab und alle etablierten Parteien waren aktiv an diesem Spielchen beteiligt. Ob Zeitung oder TV, alle Medien hauen in die gleiche Kerbe, denn überparteilich und unabhängig steht nur im Impressum. Gesteuert werden sie von den gleichen Leuten, die Politik und Wirtschaftsinstitute steuern. Und Otto Normalverbraucher nimmt es immer noch für bare Münze, begreift nicht, dass er und alles, was er in den letzten 50 Jahren geschaffen hat, verscherbelt werden soll, zu wahren Schnäppchenpreisen. Die Unternehmen aus dem Mittelstand und die Kleinbetriebe haben noch nicht begriffen, dass auch sie nur Bauern in diesem Spiel sind, ein Spiel dass einigen wenigen Großkapitalisten alle Macht in die Hände spielt. Wenn sie diese Macht erst komplett haben, werden kleine und mittlere Unternehmen sehr schnell geschluckt, auch die, die jetzt noch glauben, eine Scheibe von dem Kuchen abzubekommen.

Aber es ist eine alte Weisheit: Willst du etwas gut verstecken, dann mach es öffentlich, denn dort sucht niemand.

Quelle: http://www.flegel-g.de/WsA.html

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