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Börsen-Zeitung: Kuhhandel in Hochfrequenz

Archivmeldung vom 18.06.2013

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 18.06.2013 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Auf einmal ging alles ganz schnell. Jahrelang haben Europas Regierungen hart um die Neufassung der EU-Marktrichtlinie gerungen. Immerhin geht es ja um sehr viel. Um den Wettbewerb zwischen Börsen und Banken samt Plattformen und Netzwerken. Um die Konkurrenz zwischen großen Finanzplätzen und um die Zukunftsfähigkeit einzelner Geschäftsmodelle, wie etwa der vertikalen Wertschöpfung. Und ganz generell darum, wie der Handel mit Wertpapieren künftig funktioniert, etwa um die Aussichten des Hochfrequenzhandels oder auch des Warenterminhandels.

Nun auf einmal melden die Iren "Durchbruch" - und scheinen selbst ein wenig überrascht zu sein. Auf die Frage, warum eine Verständigung gerade jetzt gelungen ist, gibt es zwei mögliche Antworten. Erstens ist in Brüssel gerade so etwas wie Torschlusspanik zu beobachten. In zwei Wochen geben die Iren den Ratsvorsitz an die Litauer weiter. Die haben beschränkte Kapazitäten, Kompromisse zu schmieden - und gewiss keine Vorliebe für Finanzmarktthemen. Schließlich ist der Finanzplatz - die "City" - in Vilnius überschaubar. Danach kommen die Griechen dran - und wenn die von zentralen Gegenparteien reden, haben sie wahrscheinlich Türken oder Deutsche vor Augen, aber kaum Clearinghäuser. Kurzum: Was im Juni im Rat nicht mehr gelöst wird, könnte lange ungelöst bleiben.

Antwort zwei hat mit der eingeübten Strategie für europäische Kompromisse zu tun: Kuhhandel. Die Deutschen kriegen Zugeständnisse bei möglichen Ausnahmen vom Clearing-Zugang. Dafür halten die Briten die Tür dafür geöffnet, dass das Handelsformat OTF den Aktienhandel einschließen kann.

Ob Mifid II funktionieren wird, um den Handel an Kapitalmärkten tatsächlich widerstandsfähiger und transparenter zu machen, können derzeit nicht einmal Experten voraussagen. Erstens, weil noch abgewartet werden muss, was das EU-Parlament korrigieren wird und was am Ende im Amtsblatt steht.

Beim Hochfrequenzhandel zeichnen sich zumindest schon Ergebnisse ab: Zum Beispiel, dass die Mindesthaltefristen von 500 Millisekunden wohl nicht kommen werden. Auch bei der Beschränkung der Spekulation mit Rohstoffen ist absehbar, wohin die Reise geht. In der Frage der Infrastrukturen - insbesondere bei Clearing-Zugang und OTF - sind Prognosen indes schwierig. Zumal bei diesen Themen die einflussreichen organisierten Interessen der Finanzbranche versuchen werden, diejenige Kuh, die aus ihrer Sicht nicht dort hingehört, doch noch vom Eis zu kriegen.

Quelle: Börsen-Zeitung (ots)

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