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Berliner Morgenpost: Boni-Republik Deutschland

Archivmeldung vom 17.02.2009

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 17.02.2009 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Keine Frage: Wer ein Geldinstitut an den Abgrund oder darüber hinaus spekuliert hat, darf nicht auch noch belohnt werden, schon gar nicht mit öffentlichem Geld. Dennoch ist es unredlich, allein die Banker-Boni zu kritisieren.

Fakt ist: Wie im Geldgewerbe werden auch in vielen anderen Bereichen Millionen Arbeitnehmer mit mehr oder weniger fairen Belohnungssystemen unter Dampf gehalten. Ob die Beraterin am Sparkassenschalter, der Telefonist im Call Center oder manche Medienmenschen: Ein guter Teil des Einkommens ist leistungsabhängig, geknüpft an Erträge, Quoten, Schlagzahl. Das Bonus-System hat sich in alle Bereiche unseres Lebens gefressen: Wer shoppt, bekommt Punkte, wer Kunden vermittelt, meist bares Geld. Die Jagd nach Meilen, Digits oder dem elften, kostenlosen Cappuccino ist eine Art Volkssport. Wir leben in der Boni-Republik Deutschland, vereint im Willen, an den Geschäften anderer beteiligt werden zu wollen. Verwerflich ist das nicht. Denn all die Boni, Punkte, Prämien sind freiwillige Leistungen. Was Banker und Bürger trennt, sind die Größenordnungen: Der eine bekommt Abermillionen, der andere nur den Massage-Igel. Die Mentalität ist dennoch die gleiche: Der Mensch nimmt gern, was ihm angeboten wird. Dazu nur mal ein winziges Gedankenspiel: Wer, der jetzt Millionen-Boni kritisiert, hätte dieselben als Investment-Banker abgelehnt? Das Problem sind weniger die Boni-Kassierer als die Boni-Gewährer. Eben da haben Politik, Wirtschaftsverbände, Wissenschaftler und Medien in den letzten Jahren nicht genau genug hingeschaut. Die Nachschläge waren nicht nur deutlich zu hoch bemessen, sie haben auch völlig falsche Ziele belohnt. Die märchenhaften Summen, die weltweit von Aufsichtsräten und auch den darin zahlreich vertretenen Politikern genehmigt wurden, zeigen inzwischen einen fundamentalen Denkfehler im Banken-Bonus-Systems: die Ungleichzeitigkeit. Boni werden in der Regel am Jahresende ausgezahlt, für maximal 12 Monate Leistungszeitraum. Viele Entscheidungen wirken aber deutlich länger nach, wie die Finanzkrise gerade wieder bewiesen hat. Der flotte Profit von heute kann den Kollaps übermorgen auslösen. Bonus-Systeme belohnen nicht nachhaltiges Wachstum, sondern den schnellen Euro ohne Rücksicht auf Verluste. Es ist an der Zeit, dem Bonus-Unwesen ein Malus-System entgegenzusetzen: Boni werden nicht im Dezember ausgezahlt, sondern erst nach fünf oder zehn Jahren. Der Bonus der fetten Jahre wird mit Abzügen für magere Zeiten verrechnet. So würde Gier gezügelt und langfristig gutes Wirtschaften belohnt. Die Bundesregierung allerdings wird ein solches System kaum durchsetzen können. Denn Politik basiert, darin dem Investment-Banking sehr ähnlich, auf dem Prinzip kurzfristiger Effekte ohne besondere Rücksicht auf die Zukunft: Entscheidungen müssen nur halten bis zur nächsten Wahl.

Quelle: Berliner Morgenpost

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