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WAZ: Aufstand von ganz unten

Archivmeldung vom 10.08.2011

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 10.08.2011 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Was steckt hinter den Unruhen in England? Eine erste Parallele drängt sich fast auf: Mal wieder hat Großbritannien eine konservative Regierung, die die Sozialausgaben zusammenstreicht - und mal wieder brennt die Straße. David Camerons Tottenham kommt wie Margaret Thatchers Brixton daher: So wie sich vor genau 30 Jahren der Zorn junger Schwarzer in Südlondon auf die Metropolitan Police entlud, so sieht es derzeit auch in Nordlondon aus.

Doch wer diesen vorschnellen Vergleich zieht, kennt Tottenham nicht. Und er kennt Tottenham nicht, weil es schon seit Jahrzehnten eine No-Go-Zone ist - und nicht erst seit dem Regierungssieg der Thatcher-Erben 2010. Vor Tottenham haben die Hauptstädter die Augen schon immer am liebsten verschlossen: Das Viertel ist unsicher, uninteressant und unattraktiv. Investiert wird lieber anderswo - nahe der Touristenmagneten im Zentrum oder am neuen Olympia-Stadion.

90 Prozent der Bewohner sind Zuwanderer. Jeder Zehnte hier ist arbeitslos - doppelt so viele Menschen wie im Landesdurchschnitt. Tottenham lebt seit Jahrzehnten in einer Rezession. Ein Funke hat gereicht, um hier den Frust lichterloh zu entflammen. Schade, dass erst der Flächenbrand, der nun durch viele weitere, unterprivilegierte Stadtteile walzt, das Land zwingt, sich um seine Schmuddelkinder zu kümmern.

Ein Zitat von Martin Luther King ist in diesen Tagen oft zu hören. Es lautet: "Unruhen sind die Stimmen der Ungehörten." Die Gewalt der Randalierer ist nicht zu rechtfertigen, auch nicht durch die weisen Worte des Bürgerrechtlers. Sie ist doppelt töricht, weil die Ausgegrenzten jenen schaden, die selber wenig besitzen: Hunderte ebenfalls arme Familien haben durch Brandstifter ihre letzten Habseligkeiten, ihr Zuhause verloren. Die Krawalle werden sich aber so lange wiederholen, bis die Politik den Unruhestiftern Gehör schenkt. Dafür braucht es ein Gesprächsangebot. Die Signale, die Premier David Cameron indessen sendet, sind alles andere als das: Er droht den Randalierern mit der vollen Härte des Gesetzes. Doch zusätzliche Polizisten bedeuten nur zusätzliche Straßenkämpfe.

Fazit: Das Land braucht dringend einen Waffenstillstand. Cameron hat keine Zeit, denn es stellt sich die Frage, wie er bei den Olympischen Spielen 2012 für Sicherheit sorgen will, wenn es nur ein paar Hundert Teenager braucht, um Tausende Polizisten, Straßenzüge und Städte zu paralysieren.

Quelle: Westdeutsche Allgemeine Zeitung (ots)

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