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Kindertage und Musik

Archivmeldung vom 25.09.2012

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 25.09.2012 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Die Geschichte ist nicht neu und mancher mag sie aus eigenem Erleben kennen: Ein Kind fragt die Mutter angesichts spezieller Vater- und Muttertage im Kalender, warum es denn keinen Kindertag gebe und die Mutter antwortet: „Weil jeder Tag Kindertag ist.“ Diese Antwort soll das Kind ein wenig beschämen. Tatsächlich jedoch beschämt sie eher die Erwachsenen, die solche Antworten geben, denn sie ist grundlegend falsch. Erstens deswegen, weil es sehr wohl einen internationalen Tag des Kindes gibt und zweitens, weil die Realität doch traurigerweise ganz anders aussieht. Zumindest, wenn man sich unser Bildungssystem betrachtet.

Der „Weltkindertag“ ist tatsächlich gerade relativ unbemerkt und spurlos an uns vorübergegangen. Es ist der 20. September. An seinem Vortag begann in der Goethe-Stadt Weimar der „Erste Bundeskongress Musikunterricht“, zu dem der Verband Deutscher Schulmusiker (VDS) und der Arbeitskreis für Schulmusik (AfS) gemeinsam bis zum 23. September einluden.
Eine Premiere der Kooperation, in deren Mittelpunkt eine mehr als nur bedauerliche Entwicklung stand: Die ständig sinkende Zahl der Stunden regulären Musikunterrichts an deutschen Schulen.

Mit Hilfe von teilweise recht kreativen Konstrukten wird versucht, den Mangel, der vor allem einer an qualifiziertem Personal ist, auszugleichen – und sei es auch bloß kosmetisch. Doch auch das geht oftmals schief. Wenn zum Beispiel unter Bezeichnungen wie „Kulturkunde“ der Musik- und Kunstunterricht mit Sachkunde oder anderen Fächern zusammengefasst und musisch nicht entsprechend ausgebildeten Lehrkräften übertragen wird, werden diese sich in ihrer Not lieber an die Dinge halten, von denen sie etwas verstehen. Und wer könnte es ihnen verdenken.

Vielerorts werden inzwischen die lokalen Musikschulen herangezogen, um Lücken zu füllen. Was immerhin den Vorteil hat, dass hier Menschen mit einem musikalischen Verständnis, wenn auch oft nicht mit gezielter Vorbereitung auf diese pädagogische Aufgabe in die Bresche springen und sicher an manchen Stellen durch eigene Begeisterung wenigstens das Interesse der Kinder wecken oder erhalten können. Ein systematischer Unterricht allerdings sieht doch anders aus.

Offensichtlich herrscht innerhalb der Kultusbehörden der Gedanke vor, die musischen Fächer seien weniger relevante „Spaßzeiten“ und seien daher vernachlässigbar, im Zweifel sogar verzichtbar. Wieder einmal erhebt sich die Frage, die wir alle gut kennen: Für wen lernen die Kinder eigentlich? Die Antwort, die meist von offizieller Seite gegeben wird, lautet, so man sie aller schöner Worte und blumigen Euphemismen entkleidet: Für „die Wirtschaft“. Und hier, so sind die meisten ganz sicher, wird wirklich kein Musenkram gebraucht. - Oder?

Manche mag es erstaunen, aber tatsächlich lautet die Antwort: Doch. Er wird gebraucht. Vorausgesetzt, „die Wirtschaft“ baut darauf, in Zukunft Menschen als Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu finden, die über eine erkennbare Persönlichkeit, über geistige Beweglichkeit und Kreativität verfügen.
Alle Formen von Kunst, sei es die bildende oder die Musik, trainieren bestimmte Bereiche im Gehirn. Es sind unterschiedliche Formen der Abstraktion. Bildliche oder musikalische Kompositionen sind eng mit der Mathematik verbunden. Keinen Menschen, der irgendwann einmal einen Takt mitgezählt hat, sollte das zu sehr verwundern.
Bildende Kunst und Musik schulen die Wahrnehmung … oder sie können es, wenn sie mit dem Wissen um diese Tatsachen und im Bewusstsein ihrer daraus erwachsenden Bedeutung unterrichtet werden.

In der Tat: Musik und Kunst haben durchaus einen sehr praktischen Nutzen, wenn man richtig mit ihnen umgeht. Dass Musik, wie der Präsident der Weimarer Musikhochschule, Professor Christoph Stölzl, in seinem Grußwort an den Kongress ausführte, Menschen auch Glück bescheren kann und dies in unserer an Krisen reichen Zeit ein bedeutender Aspekt ist, kann natürlich nicht bestritten werden. Doch wird dieser Gedanke Politiker kaum dazu bewegen, sich für den musischen Unterricht stark zu machen. Das Glück der Menschen spielt in der Politik eigentlich gar keine Rolle. Oder es wird schlichtweg mit dem „der Wirtschaft“ gleichgesetzt, nach dem Motto: Glückliche Unternehmen machen alle glücklich. Oder vielleicht auch nur die Unternehmer. Aber die sind ja auch Menschen.

Das Motto des Bundeskongresses in Weimar „Bildung – Musik – Kultur: Zukunft gemeinsam gestalten“ macht durchaus viel Sinn und zielt, auch nach der oben beschriebenen Definition, durchaus auch auf das Glück der Menschen ab.
Wenn verstanden wird, dass die musischen Fächer kein vernachlässigbarer Bildungsballast sind, sondern einen wichtigen Beitrag zur (Aus)Bildung jener Menschen leisten, die die Zukunft unseres Landes gestalten werden, dann wird ihnen auch die ihnen zustehende Aufmerksamkeit zukommen. Zumindest ist das zu hoffen.

Kommentar von Herbert Jost-Hof

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