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BERLINER MORGENPOST: Die Schlamperei ist der Skandal

Archivmeldung vom 12.10.2011

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 12.10.2011 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Der Kampf um unsere Daten ist auf dem Weg in die digitale Gesellschaft voll entbrannt. Die Menschen in Deutschland machen sich Sorgen und nehmen das Thema sehr ernst. In Berlin sitzt mittlerweile die Piratenpartei im Rathaus, die für digitale Kompetenz steht. Niemand kann mehr genau sagen, welche Website, welcher Internetdienst wann welche unserer Daten sammelt, verwertet und verkauft. Dieser Kontrollverlust schürt Ängste. Das Geschäftsmodell von Facebook besteht darin, dass wir unsere persönlichen Daten gegen den Spaß und Nutzwert eines sozialen Netzwerks eintauschen.

Google weiß, was wir im Netz suchen - und noch viel mehr. Deshalb ist die Vorsicht berechtigt. Aber es besteht kein Grund zur Hysterie. Eine Software, die jetzt in Deutschland unter dem Namen "Staatstrojaner" berühmt ist, ermöglicht es offenbar, nicht nur die Kommunikation von Verdächtigen zu überwachen, sondern viel tiefer in ihre Computer einzugreifen. Es soll sogar möglich sein, den Rechner komplett fernzusteuern, Zugriff auf alle Bewegungen und Daten zu erlangen und durch die eingebaute Kamera Personen zu beobachten. Laut einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts ist das verfassungswidrig. Noch ist allerdings nicht klar, wie und in welchen Fällen diese oder eine andere Überwachungssoftware überhaupt eingesetzt wurde. Beim Einsatz von Kommunikationsüberwachung muss der Staat abwägen: Wie weit darf ich in die Privatsphäre der Bürger eingreifen, um ihre Sicherheit zu gewährleisten? Denn darum geht es bei den Fahndungen und Überwachungen: Sicherheit. Auch wenn dabei vielleicht Fehler gemacht worden sind. Die Ermittler in Bayern haben nach Angaben der Landesregierung bislang in fünf Fällen Spionage-Software eingesetzt. In diesen Fällen ging es um Doping, Drogenhandel, Hehlerei und eine Bande von Internetbetrügern, die bis zu 120.000 Menschen um 30 Millionen geprellt haben soll. In allen Fällen haben Richter den Einsatz der Überwachungssoftware genehmigt. Es ist sehr wahrscheinlich, dass diese 120.000 betrogenen Menschen den Einsatz der Überwachungssoftware sehr viel positiver einschätzen als die lautstarken Kritiker der Aktionen. Es gibt in Deutschland ein "Grundrecht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme". Damit verteidigt das Bundesverfassungsgericht die Privatsphäre der Bürger. Der Computer auf unserem Schreibtisch darf und wird kein staatlicher Spähposten sein. Es sollte uns viel mehr beunruhigen, dass der sogenannte Bundestrojaner offenbar unglaublich schlampig programmiert ist und mehr kann, als gesetzlich erlaubt ist. Die Entwicklerfirma DigiTask hat trotzdem mit staatlichen Aufträgen in den vergangenen Jahren mehr als zehn Millionen Euro umgesetzt. Warum wird die Qualität der eingekauften Produkte nicht überprüft? Fehlt den Behörden das Wissen? Gibt es dafür keine Experten? Das ist der eigentliche Skandal: Für den sogenannten Bundestrojaner ist offenbar viel Geld aus Steuermitteln für ein minderwertiges und fehlerhaftes Produkt ausgegeben worden, das im schlimmsten Fall sogar einen Verstoß gegen Grundrechte der Bürger möglich machen könnte.

Quelle: BERLINER MORGENPOST (ots)

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