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LVZ: zur Russland-Wahl Angst vor Russland?

Archivmeldung vom 04.12.2007

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 04.12.2007 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Wenn es stimmt, dass sich Geschichte zwei Mal ereignet - einmal als Tragödie, das zweite Mal als Farce - dann hat Russland mit der Duma-Wahl eine klassische Farce erlebt. Die Ähnlichkeiten mit den Zeiten des längst beerdigt geglaubten sowjetischen Systems sind in der Tat frappierend: keine Opposition, Unregelmäßigkeiten beim Urnengang, staatlich kontrollierte Medien und die Allmacht einer einzigen Partei. Doch Vorsicht vor voreiligen Schlüssen.

Auch mit der Duma-Wahl droht kein Rückfall Russlands in die Vergangenheit. Die Linientreue der Wähler ist ehrlicher gemeint als etwa zu Breschnews Zeiten. Putin genießt durchaus Popularität - weil er aus der sowjetischen Konkursmasse einen Staat geformt hat, der einem inzwischen beachtlichen Teil seiner Bürger einen akzeptablen Standard beschert - und weil Russland unter der Ägide des Kremlchefs wieder zu einem internationalen Akteur geworden ist. Auch das haben die Wähler in Erinnerung an den Jelzinschen Ausverkauf nationaler Interessen honoriert. Vor allem aber wirtschaftlich hat Putins Russland so wenig mit der Sowjetunion zu tun wie Chinas Kommunisten mit Marx und Engels. In beiden Fällen tobt sich unter einer pseudo-historischen Fassade ungehemmter Turbokapitalismus aus, zu dem Russland auch durch die Auflagen der Welthandelsorganistion getrieben wird. Kurz: Russland ist heute eine Marktwirtschaft mit autoritären Zügen. Das ist zweifellos - sowohl was die fehlende soziale Komponente als auch unterdrückte demokratische Normen betrifft - weit von wünschenswerten Zuständen entfernt. Aber muss deswegen die Welt in Angst vor Russland leben? Gewiss: Der Westen wird sich auf eine selbstbewusster auftretende Politik einzustellen haben. Darauf deutet bereits die Suspendierung des KSE-Kontrollrüstungsvertrages nach dem westlichen Nein zu einer Neuverhandlung sowie die Weigerung Moskaus hin, den US-Raketenschirm in Europa hinzunehmen. Auch die russische Energiepolitik wird in Zukunft weitaus stärker an nationalen Interessen ausgerichtet. Daraus ist Russland jedoch kaum der Vorwurf von Unberechenbarkeit zu machen. Denn erstaunlich ist nicht die Formulierung russischer Interessen, erstaunlich ist vielmehr, wie widerspruchslos die dramatischen geostrategischen Umbrüche der letzten Jahre von Moskau hingenommen worden sind. Die Rückkehr zur interessengeleiteten Außenpolitik macht den Umgang mit Russland sicher nicht bequemer, aber deswegen nicht unmöglich. Europäische Außenpolitik sollte vor allem in Rechnung stellen, dass Russland in Zukunft vor allem einen Trumpf ausspielen wird: die Fähigkeit zur politischen, militärischen und energiepolitischen Autarkie. Damit verringern sich zwar Möglichkeiten einer Einflussnahme von Außen. Aber zugleich bremst es imperiale Ambitionen. Denn interessengeleitete Politik heißt auch Verzicht auf neo-imperialistische Experimente. Anders als sowjetischer Expansionismus, der politisch begründet war, wird sich Moskau vor allem auf eigene Ressourcensicherung und Selbstschutz orientieren. Das macht Partnerschaft möglich. Es muss ja nicht gleich Freundschaft sein.

Quelle: Leipziger Volkszeitung (von Kostas Kipuros)

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