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Börsen-Zeitung: Angst vor dem Flächenbrand

Archivmeldung vom 06.02.2010

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 06.02.2010 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

An den Kapitalmärkten stehen die Zeichen wieder einmal auf Sturm. Der Euro ist am Freitag zeitweilig unter die Marke von 1,36 Dollar gefallen, seit Anfang des Jahres hat er damit rund 8 US-Cent eingebüßt. Auch an den europäischen Aktienmärkten ist die Lage ziemlich unerfreulich. Am Freitag ist der Dax um weitere 1,8% abgesackt, nach einem Minus von 2,5% am Donnerstag.

Die Ängste der Marktteilnehmer wegen der Peripheriestaaten der Europäischen Union (EU), genauer gesagt der unter dem wenig vorteilhaft klingenden Akronym PIGS zusammengefassten Länder Portugal, Irland, Griechenland und Spanien, haben sich deutlich intensiviert - auch wenn sich die Spreads von fünfjährigen Credit Default Swaps (CDS), mit denen sich Investoren gegen den Ausfall von Staatsanleihen der betreffenden Länder absichern können, am Freitag gegenüber Vortag leicht eingekürzt haben. Mit 400 Basispunkten befindet sich der CDS-Spread Griechenlands aber nach wie vor auf einem Niveau, das ein deutliches Unbehagen der Anleger anzeigt.

Die Marktteilnehmer lassen sich inzwischen nicht mehr mit der Erwartung abspeisen, dass die EU die Dinge im Zweifel schon richten wird und dass eine Rettungsaktion für Griechenland die Union kaum belastet - angesichts der Tatsache, dass Griechenland gerade einmal 2,7% zum Bruttoinlandsprodukt der Eurozone beisteuert. Mittlerweile geht aber die Sorge um, dass sich die Probleme zu einem Flächenbrand ausweiten könnten. Derzeit hat nämlich nicht nur Griechenland ernste Schwierigkeiten mit der Refinanzierung über Staatsanleihen. Portugal hat zur Wochenmitte bei Geldmarktpapieren mit einjähriger Laufzeit eine um rund 50% höhere Verzinsung bieten müssen als noch Mitte Januar.

Ein etwas genauerer Blick offenbart, dass die Lage sowohl für die Hellenen als auch für die Portugiesen recht bedrohlich ist. Griechenland muss bis Mitte Mai nach jüngsten Schätzungen von Credit Suisse die stolze Summe von 30 Mrd. Euro über den Markt aufnehmen. Ein solcher Betrag ist für ein Land dieser Größe ungewöhnlich, aber leider kein Einzelfall: Portugal muss bis Ende des Jahres 37 Mrd. Euro an Geldmarkt- und Kapitalmarktpapieren ablösen bzw. neu aufnehmen, wobei der Mai in dieser Hinsicht für das Land besonders anspruchsvoll zu werden verspricht.

Die nächsten drei Monate werden also mit Blick auf das PIGS-Problem entscheidend sein. Es lässt sich noch nicht abschätzen, ob die beiden Länder in der Lage sein werden, neue Mittel zu akzeptablen Konditionen aufzunehmen.

Die Analysten von Unicredit schlagen übrigens vor, "PIGS" lieber als "GPSI" zu buchstabieren, wobei die Anordnung der Buchstaben den Grad der Gefährdung wiedergibt - mit Griechenland an der Spitze. Die Analysten weisen darauf hin, dass von Spanien als einem der großen EU-Länder ebenfalls Gefahr ausgeht. Zwar sind die makroökonomischen Ungleichgewichte im Fall Spaniens geringer ausgeprägt als bei den beiden Hauptkrisenkandidaten. Allerdings befindet sich das Land nach wie vor in der Rezession.

Es muss also damit gerechnet werden, dass die Unsicherheit an den Märkten aufgrund der PIGS-Problematik noch mindestens bis Mai anhält. Für den Euro bedeutet dies, dass bestenfalls mit einer Seitwärtsbewegung zu rechnen ist - sofern es nicht zu einem Befreiungsschlag beispielsweise in Form der bislang abgelehnten gemeinsamen Anleihen der EU-Länder kommt.

An den Aktienmärkten ist die Perspektive auch nicht viel besser. So vermag es die laufende Berichtssaison bislang nicht, für eine bessere Stimmung der Anleger zu sorgen. Zwar liegen in den USA fast 80% der Quartalszahlen über den Erwartungen-allerdings meist nur ganz knapp, was am Markt kaum Eindruck macht. Die Analysten der WestLB gehen davon aus, dass das Ausmaß der positiven Gewinnüberraschungen auch in Europa nicht ausreichen wird, um die Unsicherheit kurzfristig auszugleichen.

Es bliebe somit nur die konjunkturelle Entwicklung als möglicher Kurstreiber. Die wegen der global niedrigen Auslastung der Produktionskapazitäten enttäuschenden Investitionsvolumina sprechen aber eher dagegen, dass sich ein selbsttragendes Wirtschaftswachstum entwickelt. Die Nervosität wird also noch länger anhalten, eine Trendwende ist nicht in Sicht.

Quelle: Börsen-Zeitung

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