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Südwest Presse: Kommentar zur SPD

Archivmeldung vom 04.11.2008

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 04.11.2008 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Als Heide Simonis am 17. März 2005 von einem Heckenschützen aus den eigenen Reihen in vier quälenden Wahlgängen erledigt wurde und damit auch das Ende von Rot-Grün in Berlin absehbar war, da soll dem damaligen Bundeskanzler und SPD-Chef Gerhard Schröder vor Vertrauten der Kommentar "Diese Partei ist nicht regierungsfähig" entfahren sein.

Zumindest auf die hessische SPD gemünzt gilt diese Einsicht seit gestern mehr denn je. Denn die Vorstellung, die die Sozialdemokraten in Wiesbaden seit ihrem gefühlten Wahlsieg im Januar abgeliefert haben, dürfte es selbst eingefleischten Genossen im Nachbarland schwer machen, ihrer Partei einstweilen noch Vertrauen zu schenken. Natürlich trägt die Pleiten- und Pannenserie zuallererst den Namen Andrea Ypsilanti. Ob die vollmundige Festlegung vor der Wahl, nicht mit der Linken zu kooperieren, ob der schnelle Bruch des Wahlversprechens nach dem Urnengang am 27. Januar, der überhastete erste Anlauf auf das Ministerpräsidentenamt oder der gründlich vorbereitete, aber in der Endphase vermurkste zweite - das Desaster der hessischen SPD hat sie zu verantworten. Es gibt nur eine Antwort: den Rückzug von allen politischen Ämtern. Die Arbeitertochter aus Rüsselsheim muss ihre schillernde Biographie von der Flugbegleiterin über die Prinzengattin bis zur Juso-Chefin und Referatsleiterin beim damaligen hessischen Regierungschef Hans Eichel um eine neue Facette bereichern - außerhalb der Politik. Keineswegs mit Ruhm bekleckert haben sich Ypsilantis Gegner in den eigenen Reihen. Nur die Darmstädter Abgeordnete Dagmar Metzger hat von Beginn an offen und gradlinig das Experiment mit der Linken abgelehnt. Ihre drei Mitstreiter, die sich erst gestern zum Nein bekannten, haben der SPD mit dem langen Zögern einen Bärendienst erwiesen. Ypsilantis Vize Jürgen Walter muss sich sogar vorwerfen lassen, vor allem das eigene Wohl im Auge gehabt zu haben. Erst als seine Ministerträume geplatzt waren, wuchsen sich die Bedenken gegen den zuvor selbst mit ausgehandelten Koalitionsvertrag plötzlich zur Gewissensfrage aus. Das SPD-Debakel in Wiesbaden entfaltet jedoch Wirkung weit über die hessischen Landesgrenzen hinaus. Wo immer ein Bündnis von SPD und Linker möglich sein wird - zuerst wohl im kommenden August im Saarland - das gegenseitige Misstrauen wird groß sein und vor allem wird keiner der Matadoren es mehr wagen, vor der Wahl mit verdeckten Karten zu spielen. SPD-Chef Franz Müntefering, dem die größer gewordene Distanz zur Linken durchaus in den Kram passt, kann trotzdem wenig fröhlich sein angesichts der gestrigen Volte. Für die Ablehnung, die Müntefering und Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier die hessischen Genossen haben spüren lassen, wird sich die Parteilinke revanchieren. Münteferings Versuch, die Sozialdemokraten geschlossen ins große Wahljahr 2009 zu führen, hat mit dem blamablen Scheitern Ypsilantis einen herben Rückschlag erlitten. Alles andere als vertrauensbildende Wirkung entfaltet der Vorgang auch auf die Grünen, potentieller Bündnispartner der SPD. In der Union und besonders im Lager Roland Kochs reibt man sich die Hände über das spektakuläre Aus für Ypsilantis Pläne. Doch die Schadenfreude ist trügerisch. Koch hat sich mit seinem missglückten Exkurs zum Thema Jugendkriminalität im Wahlkampf und seinem anschließenden, für einen Amtsinhaber miserablen Abschneiden bei der Wahl eigentlich disqualifiziert für einen neuen Anlauf. Neuwahlen mit neuen Spitzenkandidaten sind die glaubwürdigste Antwort auf die Regierungskrise, die CDU und SPD den Wählern in Hessen jetzt machen können. Ob sie die Größe aufbringen?

Quelle: Südwest Presse

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