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"DER STANDARD"-Kommentar: "Aufräumen im Akademikerland"

Archivmeldung vom 22.12.2011

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 22.12.2011 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Wildwuchs" ist ein Wort, das im Zusammenhang mit der österreichischen Hochschullandschaft immer wieder verwendet wird. Nicht nur vom Wissenschaftsrat, der das bis jetzt de facto unregulierte, unkontrollierte, ungesteuerte Nebeneinander von 21 öffentlichen Universitäten, zig Fachhochschulen, diversen Pädagogischen Hochschulen und einigen Privat-Unis so umschrieben hat. Weil Wildwuchs die Verfasstheit des Hochschulsektors am besten trifft. Wilde Zustände.

Da Akademikerschmieden mit Studiengebühren, dort welche ohne oder nur für ein paar negativ Auserwählte, die einen mit strikten Kontingenten und klaren Aufnahmeverfahren, die anderen nach dem Motto: Holladaro, wir wären jetzt alle zum Studieren da! "Wären" im Konjunktiv, weil die Umstände in bestimmten Fächern mittlerweile so sind, dass der Beginn eines Studiums nur eine höchst vage Chance auf einen Abschluss bedeutet. Das kann nicht Universität sein. Das darf Universität nicht sein. Darum ist es gut, dass endlich ein Hochschulplan erarbeitet wird: Aufräumen im Akademikerland. Gut für alle, die drinstecken. Für den Finanzier (in Österreich noch immer fast ausschließlich der Bund, also wir alle, die Steuerzahler), für die Rektoren der Bildungsinstitutionen, für diejenigen, die dort arbeiten als Lehrende und Forschende - und vor allem für die Studierenden. Auch wenn die es vielleicht am wenigsten glauben. Niemand muss sich vor einem Hochschulplan fürchten. Alle werden davon profitieren, wenn dieser Wildwuchs "kultiviert" wird. Es ist die historische Chance, ein paar österreichischen Anomalien den Garaus zu machen. Der "freie Hochschulzugang" hat nicht (mehr) viel mit Freiheit zu tun. Die wird den meisten Kindern aus "bildungsfernen" und sozial oder ökonomisch schwachen Familien schon viel früher, an der Schwelle nach der Volksschule, genommen. Dort ist die wahre, die gesellschaftspolitisch wirklich obszöne "Zugangsbeschränkung" ins gelobte Akademikerland. Dort wird am wirkmächtigsten selektiert - noch immer. Aber das ist kein guter Grund für eine vermeintliche spätere Wiedergutmachung an der Uni-Pforte, indem man die Uni irrigerweise als unendlich dehnbares Gefäß imaginiert - und ruiniert. Das ist verrückt. Niemand (hoffentlich) will weniger Studierende, auch die Politik nicht. Es sei denn, sie hätte den Verstand verloren. Nur: Man wird sich von der Selbsttäuschung verabschieden müssen, dass die Institution Universität als einzige weit und breit losgelöst von Kategorien wie Endlichkeit von Kapazität und Budget "funktionieren" soll, nur weil die Politik zu keiner Lösung in der Lage ist. Apropos Budget: Dass der Wissenschaftsminister, dessen größtes Pfand als Politiker sicher sein zweites Ich als vormaliger Rektor der Uni Innsbruck ist, von der erhofften "Hochschulmilliarde" zumindest eine "Töchterle-Dreiviertelmilliarde" neu holen konnte, ist ein echter Hoffnungsschimmer in nicht nur universitäts-, sondern budgetpolitisch düstersten Zeiten. Dieses Geld ist die lebenserhaltende Infusion für die Unis, ohne die deren Existenz echt bedroht gewesen wäre. Wir würden viel verlieren, wenn wir sie verkommen ließen. Gesellschaften brauchen sie als Orte der Selbstkritik, Selbstermutigung, Selbsterneuerung. Albert Einstein formulierte das Besondere so: "Das Streben nach Wahrheit und Erkenntnis gehört zum Schönsten, dessen der Mensch fähig ist."

Quelle: Der Standard (ots)

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