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Börsen-Zeitung: Die Angst vor dem Risiko

Archivmeldung vom 14.02.2009

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 14.02.2009 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Das Wort ist in aller Munde: Risikoaversion scheint an den Finanzmärkten derzeit als zentrales Problem identifiziert worden zu sein. Die Investoren, große institutionelle wie kleine private, scheuen das Risiko und halten ihr Geld zusammen.

In der Tat halten die großen Fonds aktuell überdurchschnittlich große Cash-Positionen, und Otto Normalverbraucher, so er denn überhaupt etwas für die hohe Kante hat, packt es in den Sparstrumpf oder aufs Tagesgeldkonto. Riskante Assets sind derzeit offenbar ebenso tabu wie kräftiger Konsum. Die Angst und die Verunsicherung der Verbraucher haben, wie die jüngsten BIP-Schätzungen zeigen, der europäischen Wirtschaft einen herben Schlag versetzt. Die Angst vor einer schlimmen Wirtschaftskrise ist offenbar zur sich selbst erfüllenden Prophezeiung geworden.

Die Risikoscheu verstärkt sich auch an den Finanzmärkten selbst. Wer heute nicht unbedingt handeln muss, der tut es nicht. Für den Devisenmarkt bedeutet das beispielsweise, dass die Volumina extrem dünn sind und größere Umschichtungen entsprechend zu großen Ausschlägen führen. Die dadurch erhöhte Volatilität verunsichert die Investoren, weshalb sie sich zurückhalten. Deshalb bleiben die Volumina klein und so weiter und so fort. Da hilft es auch wenig, dass es Währungen gibt, die von der Angst vor dem Risiko profitieren, so wie es der Yen und lange Zeit auch der Dollar getan haben. Denn kaum erblickt ein Investor eine Chance auf einem anderen Markt und schichtet die Währungen um, flattern die Kurse, Anleger werden nervös und suchen sich einen sicheren Hafen.

Am Geldmarkt hat sich zumindest die Lage trotz nachgebender Sätze nicht beruhigt. Die Handelsvolumina sind klein, und so manche Adresse mit Refinanzierungsbedarf bekommt kein Geld, egal wie hoch sie bietet. Die Angst vor dem Kontrahentenausfall ist zu groß, und da Liquidität den Häusern wichtiger ist als Rentabilität, horten sie ihr Geld und legen es über Nacht in die Einlagefazilität der Europäischen Zentralbank. Die versucht weiterhin den Geldmarkt zu fluten, was zu der paradoxen Situation führt, dass sich zu viel Geld im System befindet - und doch für manchen unerschwinglich ist. Dass der Drei-Monats-Euribor am Freitag auf ein Rekordtief gefallen ist, kann zwar als Zeichen für eine gewisseEntspannunginterpretiert werden, doch die Risikoaufschläge sind nach wie vor enorm hoch.

Am Anleihemarkt herrscht ein vergleichsweise vielfältiges Bild. Aus Angst, ihr Geld wegen eines Ausfalls zu verlieren, haben sich die Anleger zuletzt auf sichere Assets wie Bundes- oder, besser noch, weil dollardenominiert, US-Staatsanleihen gestürzt. Deren reale Rendite ist wegen dieses Runs mittlerweile negativ, das heißt, die Investoren verlieren Geld - nicht weil das Asset zu riskant ist, sondern weil alle glauben, dass es bombensicher ist. Wer sich von seinen Staatsanleihen trennt, kann zwar bei den aktuellen Kursen gutes Geld verdienen, sieht sich aber dann mit der kniffligen Frage konfrontiert, wo er es anlegen soll.

Anders verhält es bei Unternehmensanleihen. Die jüngsten großen Emissionen wie etwa Siemens oder RWE gingen weg wie geschnitten Brot - dafür durften sich die Unternehmen aber auch bei den Kupons nicht lumpen lassen. Immerhin ist es ein gutes Zeichen, dass der Markt wieder an Schwung gewinnt.

Der stetige Anstieg des Goldpreises darf angesichts der Verunsicherung nicht verwundern - das Edelmetall ist ein Asset, das quasi nichts bietet außer einem eigenen Zauber und vor allem Sicherheit. Es gibt keine Zinsen, der Investor ist kein Anteilseigner eines Unternehmens, aber es hat immer einen Wert. Ob die aktuellen Notierungen eher ein Grund zum Kaufen oder zum Verkaufen sind, darüber kann wahrscheinlich nur die Geschichte richten.

Dass die Angst vor dem Risiko aktuell den Weg aus der Krise erschwert, ist als Diagnose allein gleichwohl wenig hilfreich. Ein Umdenken der Investoren zu erwarten, ist zu viel verlangt. Immerhin hat die Krise ihren Ursprung darin genommen, dass an den Finanzmärkten immer größere Risiken in Kauf genommen wurden, um höhere Renditen zu erwirtschaften. Dass jetzt niemand mehr den Mut für riskante Assets aufbringt, lässt sich wohlwollend auch als Läuterung interpretieren.

Quelle: Börsen-Zeitung (von Martin Hampel)

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