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Neue Westfälische Bielefeld: Griechenland und die Eurozone

Archivmeldung vom 19.04.2010

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 19.04.2010 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Von einer griechischen Tragödie wird mit Blick auf den Euro gesprochen. Doch das ist übertrieben, es hapert schon am tragischen Helden, der das Gute will, aber die Katastrophe schafft. Eher erinnert das Geschehen an eine Seifen-Oper, in der die Familienmitglieder (16 Euro-Staaten) alle Schwüre (Stabilitätspakt) vergessen, in der gelogen und betrogen wird.

Die griechische Wirtschaft bereitet tatsächlich Sorgen, es ist was faul im Staate Griechenland. Spanien oder Irland haben sich dank der EU und trotz hoher Schulden im Grunde gut entwickelt. Aber was hat Athen mit den Brüsseler Milliarden angestellt? Ein Fraß der Korruption? Von wachsender Produktivität und von Effizienzsteigerungen durch verbesserte Infrastruktur ist kaum die Rede. Das Land lebt hartnäckig weit über seine Verhältnisse und importiert Waren im dreifachen Wert seiner Exporte. Griechische Produkte sind wegen relativ hoher Löhne oft zu teuer. Die wichtigste Geldquelle ist der Tourismus, und selbst dessen Entwicklung wird skeptisch gesehen. Andererseits: Von 1994 bis 2007 hat Griechenland sein Pro-Kopf-Einkommen auf über 25.000 Dollar mehr als verdreifacht und damit locker den anderen Sorgenstaat Portugal überholt. Das Land hat von Europa stark profitiert - sofern die Zahlen stimmen. Ist es also an der Zeit, die offenbar undankbaren Griechen aus der Eurozone hinaus zu komplimentieren? Wirtschaftsforscher und Medien verdammen derzeit alles Griechische, bezweifeln Griechenlands Fähigkeit zur Integration. Der "Anfang vom Ende des Euro" (Börsen-Zeitung)wird an die Wand gemalt. Doch Vorsicht! Eine Allianz, die bröckelt, wird nur noch angreifbarer. Soll der Euro es auf internationalem Parkett mit dem Dollar aufnehmen, muss die Eurozone sich konkurrenzfähig verhalten. Dazu gehört, nicht ständig über Sein oder Nichtsein zu schwadronieren. In den USA käme niemand auf die Frage, das bankrotte Kalifornien vom Dollar auszuschließen. Zwar ist es wirklich fraglich, ob die Griechen ihre Kredite je zurückzahlen können, aber auch ein "staatliches Insolvenzverfahren", wie mancher es ernsthaft fordert, wäre mit einem Verzicht der Gläubiger verbunden. Tatsächlich zahlen wir jetzt den Preis für den Wunsch nach Schaffung einer größeren politischen Einheit. Es trifft uns Deutsche besonders, weil wir schon die deutsche Vereinigung stemmen mussten. Doch gerade diese Erfahrung zeigt, dass es gelingen kann. Die Politiker wissen das. Sie nutzen den öffenlichen Druck auf Griechenland, um Forderungen durchzusetzen. Ansonsten handeln sie verblüffend cool. Die schöne Europa muss den griechischen Stier, diesen schuldigen Ochsen, endlich bei den Hörnern packen. Nötig sind strenge Regeln für europäische Kredithilfe, harsche Strafen für Schuldensünder, verschärfte Haushaltskontrolle und mehr politische Integration. So, wie deutsche Kommunen unter Kuratel gestellt werden, geht es auch in Europa. Eine Kreditagentur, die von der gesamten Eurozone getragen wird und zinsgünstige Darlehen für die Partner besorgt, könnte helfen. So bleibt die Chance, dass wir am Ende keine Tragödie erleben und kein Melodram, sondern eine Komödie, in der jeder kriegt, was er verdient. Wie bei Shakespeare.

Quelle: Neue Westfälische

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