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Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu den Tragödien von Darry und Plauen

Archivmeldung vom 07.12.2007

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 07.12.2007 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

»Kinder sind unsere Zukunft«: Dieser aus Sonntagsreden der Politiker sattsam bekannte Satz wirkt angesichts der Tragödien in Plauen und Darry erschreckend hohl. Zwei Mütter haben vermutlich acht Jungen und Mädchen getötet. Die Fälle in Sachsen und Schleswig-Holstein erschüttern Deutschland. Wie können Mütter nur so etwas tun?

Das fragen sich Eltern, Großeltern und Paare, die sich Nachwuchs wünschen, aber aus medizinischen Gründen keinen haben können. Bei aller Empörung darüber, dass Mütter den eigenen Kindern das Recht auf Leben raubten, stimmt der sich aufdrängende Eindruck, jeden Tag würden in einer deutschen Stadt neue Leichen entdeckt, nicht mit der Wirklichkeit überein. Eine Statistik des Bundeskriminalamtes zeigt, dass die Zahl der getöteten Säuglinge und Kleinkinder in den vergangenen Jahren nicht gestiegen ist. Pro Jahr werden demnach zwischen 25 und 45 Kinder unter sechs Jahren von den Eltern ermordet, Opfer eines Totschlags werden zwischen 75 und 95 Mädchen und Jungen. Das sind schreckliche Zahlen. Und dennoch: Die weitaus meisten Eltern lieben ihre Kinder, tun alles für sie und fürchten nichts mehr als deren Tod. Seitdem der kleine Kevin aus Bremen in der Tiefkühltruhe entdeckt wurde, schaut die Öffentlichkeit genauer hin. Bei Vernachlässigung und Verwahrlosung fragen Medien, ob die Behörden das Schlimmste nicht hätten verhindern können. Das ist legitim, doch die Fragen gehen noch weiter. Wer mit Mitarbeitern der Jugendämter und der Kinder- und Jugendhilfe spricht, merkt schnell, wie sehr sie fürchten, dass ihre »Klienten« das Wohl ihrer Sprösslinge gefährden. Tote Kinder zu finden, stellt für sie den Albtraum schlechthin dar. Die Sorge um zerrüttete Familien oder psychisch kranke alleinerziehende Mütter raubt ihnen manchmal den Schlaf. Egal ob sich das Grauen in Plauen, Darry, Schwerin oder Bielefeld abspielt, die Stadtväter sollten die Jugendämter endlich personell und finanziell so ausstatten, dass sie sich intensiv um ihre Problemfamilien kümmern können. Der Rotstift hat im sozialen Bereich genug gewütet. Handlungsfähige Jugendämter sind wichtiger als neue Kunstrasenplätze. Wenn die Mitarbeiter mehr Zeit für Betreuung und Kontrollbesuche haben, wird es sicherlich zu Fehlalarmen kommen. Eltern werden sich darüber ärgern, dass ihnen zu Unrecht unterstellt wurde, ihren Kindern fehle es an etwas. Aber Fehlalarme sind zu verschmerzen, wenn echte Tragödien verhindert werden können. Um Zeichen von Misshandlung und Vernachlässigung früh zu erkennen, sollten Vorsorgeuntersuchungen verbindlich werden. Wenn Kinder dort nicht vorgestellt werden, hilft der Hinweis der Krankenkasse ans Jugendamt möglicherweise Leben retten. Schleswig-Holstein hatte Pflichtuntersuchungen am 21. November eingeführt. Im Fall Darry kam diese Entscheidung zu spät. Gegen die buchstäblich wahnsinnige Tat der Mutter waren alle Beteiligten ohnehin machtlos.

Quelle: Westfalen-Blatt

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