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General-Anzeiger: Wenn Hamburg Schule macht

Archivmeldung vom 20.07.2010

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 20.07.2010 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Spätestens am vergangenen Sonntag hat der erneute Glaubenskrieg auf dem Rücken unserer Kinder begonnen. Wie schon vor 30 Jahren wird auch jetzt wieder erbittert um das nordrhein-westfälische Schulsystem gekämpft: Auf der einen Seite stehen die Reformbefürworter, die sozial benachteiligten Schülern mehr Bildungschancen eröffnen wollen. Auf der anderen Seite formieren sich die Bewahrer, die fürchten, dass gute Schüler nicht mehr ausreichend individuell gefördert werden.

Beide Seiten können mit guten Argumenten aufwarten, über die zu streiten es sich lohnen würde - wenn, ja wenn die Debatte nicht ideologisch und machtpolitisch so aufgeladen wäre: hier die "Linken", dort die "Rechten"; hier die rot-grüne Minderheitsregierung, die dem Land ihren bildungspolitischen Stempel aufdrücken will, dort die auf Fundamental-Opposition eingestellten bürgerlichen Parteien, die Rot-Grün so schnell wie möglich Grenzen aufzeigen wollen. Natürlich wittern CDU  und FDP in NRW Morgenluft. Hamburg hat gezeigt, wie leicht sich eine robuste Mehrheit jener organisieren lässt, denen der Schutz der Gymnasien am Herzen liegt. Mit dem Thema Schulpolitik könnte man die zuletzt arg enttäuschte Anhängerschaft wieder mobilisieren. Schon spielen die Fraktionschefs von Schwarz und Gelb laut mit dem Gedanken, dass es einen Volksentscheid auch an Rhein und Ruhr geben könnte. Allerdings sollten speziell die Christdemokraten aufpassen, hier nicht in eine Glaubwürdigkeitsfalle zu tappen. Immerhin waren es die eigenen Parteifreunde, die in Hamburg an der Seite der Grünen mit einem Primarschulen-Modell verloren haben, das deutlich radikaler anmutet als das Vorhaben von Roten und Grünen in NRW. Letztere wollen Eltern, Schüler und Lehrer erklärtermaßen mitnehmen und nicht, wie es in Hamburg geplant war, mit der Gemeinschaftsschule "zwangsbeglücken". Vielmehr ist zunächst eine schrittweise Reform geplant, die auf deutlich weniger Widerstand stoßen dürfte. Ob das für einen Volksentscheid reicht? Wären wir bei "Wünsch Dir was", dann müssten alle Parteien ihre Machtspielchen jetzt einstellen, sich zusammensetzen und vernünftig miteinander reden. Vielleicht käme man gemeinsam zu der Erkenntnis, dass die Pisa-Studien geradezu danach schreien, die Lernbedingungen zu verbessern. Vielleicht würde der eine oder andere aber auch einräumen, dass längeres gemeinsames Lernen per se noch keine Bildungsgerechtigkeit schafft. Ein Blick nach Holland und Belgien zeigt, dass es dort zwar eine sechsjährige Grundschule gibt, die Defizite in Sachen Chancengleichheit jedoch noch größer sind als in Deutschland. Die Ergebnisse der Bildungsforschung sind in der Regel eben erhellender als Formulierungen in Parteiprogrammen. Vielleicht wäre aber auch eine neue bildungspolitische Bescheidenheit angebracht. Dass sich jede neue Landesregierung regelmäßig mit Übereifer auf das jeweilige Schulsystem stürzt, hat ja schlicht auch etwas damit zu tun, dass unser Föderalismus Landesregierungen nur wenig andere Gestaltungsspielräume lässt. Hier kann sich jeder frisch gewählte Landesfürst austoben, ohne Rücksicht auf Verluste. Dabei wären kleine Veränderungen die größte Hilfe: Mehr Lehrer würden für überschaubarere Klassen sorgen, eine gezielte Sprachförderung würde Migrantenkindern helfen. Ginge es wirklich nach dem Volk, lägen die Lösungen - pragmatisch, praktisch, gut - auf der Hand.

Quelle: General-Anzeiger

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