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Das Westfalen-Blatt (Bielefeld) zum Thema "Jungen als Bildungsverlierer":

Archivmeldung vom 14.04.2011

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 14.04.2011 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Mädchen, traut euch was! Werdet Ingenieurinnen, Mathematikerinnen, Kfz-Mechatronikerinnen! Das ist die Botschaft, die der »Girls' Day« heute wieder unter die Schülerinnen bringen will. Zum mittlerweile elften Mal öffnen Unternehmen, Forschungsinstitute und Handwerksbetriebe ihre Türen, um Mädchen für die sogenannten Männerberufe zu begeistern. Mädchen sind nun einmal schüchterner, brauchen mehr Ermutigung als Jungen. Doch stimmt das wirklich?

Die aktuellen Statistiken sprechen eine andere Sprache. Nicht die Mädchen, sondern die Jungen sind die großen Verlierer im deutschen Bildungssystem. Sie bekommen schlechtere Noten, erhalten seltener eine Gymnasialempfehlung, gehen häufiger ohne Abschluss ab als ihre Mitschülerinnen. Aus dem »kleinen Unterschied«, den die Frauenrechtlerin Alice Schwarzer vor dreieinhalb Jahrzehnten zulasten der weiblichen Geschlechts beklagte, ist in den Schulen und Kindergärten ein großer geworden - mit umgekehrten Vorzeichen. Sozial- und Bildungsforscher beklagen diesen Trend seit Jahren. Längst benennen sie auch die Ursachen. Eine, vielleicht die wesentlichste ist die weitgehende Entmannung des deutschen Bildungssystems in der Elementar- und Primarstufe - also in jener Lebensphase, in der Kinder ihr Rollenverständnis und ihre Individualisierung ausprägen. Der Anteil männlicher Erzieher liegt bei gerade einmal 3,5 Prozent. Auf neun Lehrerinnen in der Grundschule kommt ein Lehrer, schreibt der Aktionsrat Bildung im Jahresbericht 2009. Der Aktionsrat verweist zudem auf eine Studie der Bindungsforscherin Lieselotte Ahnert, wonach Kindergärtnerinnen deutlich leichter eine Beziehung zu Mädchen als zu Jungen aufbauen - nicht etwa in böser Absicht, sondern unter anderem deshalb, weil Mädchen »pflegeleichter« und der eigenen Geschlechterrolle näher sind. Die vermeintlich doch so starken Jungen, die sich nach Bestätigung ihrer Persönlichkeit sehnen, haben das Nachsehen. Bildungsexperten sind sich längst einig: Gerade in den Kindergärten sind mehr Professionalität und mehr Männer gefragt. Nur wer Beziehungsprozesse erkennt, kann sie bewusst zum Wohle der Kinder steuern. Die rot-grüne Landesregierung in Nordrhein-Westfalen brüstet sich gerade mit ihrer neuen Kita-Offensive. Doch statt auf mehr Qualität in der Kinderbetreuung zu setzen und das dafür notwendige Geld zur Verfügung zu stellen, werden die Gebühren für das letzte Kindergartenjahr abgeschafft und mehr Hilfskräfte in Kleinkindergruppen geschickt. Die Eltern, die sich über das Gebührengeschenk freuen, müssten eigentlich Sturm laufen. Ach ja: Heute gibt es erstmals auch einen »Boys' Day«, mit dem Jungen für Sozialberufe begeistert werden sollen. Hoffentlich zeigt man ihnen dabei auch den Lohnzettel einer Erzieherin oder einer Grundschullehrerin.

Quelle: Westfalen-Blatt

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