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Mittelbayerische Zeitung: Ungarn disqualifiziert sich selbst

Archivmeldung vom 11.01.2011

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 11.01.2011 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Ungarn hat den Start seiner EU-Ratspräsidentschaft nicht nur verpatzt. Mehr noch: Mit dem neuen, höchst umstrittenen und undemokratischen Mediengesetz, das seit 1. Januar in Ungarn gilt, hat sich der einstige Musterschüler unter den postkommunistischen EU-Staaten Mittel- und Osteuropas für eine glaubwürdige Ratspräsidentschaft disqualifiziert.

Ungarn kann nicht mit EU-Aufnahmekandidaten über den Wertekatalog der Europäischen Union verhandeln, wenn es - wie das zum jetzigen Zeitpunkt der Fall ist - selbst nicht einmal die Voraussetzungen für die Zugehörigkeit zur EU mitbringt. Auch, wenn die Magyaren selbst die Entwicklungen in ihrem Land zum großen Teil weniger dramatisch sehen - die europäische und internationale Medienwelt hat längst erkannt, welch gravierende Einschnitte das umstrittene Gesetz in die Pressefreiheit bedeutet. Sie übt scharfe Kritik an dem Gesetz, das zwangsläufig zu einer Selbstzensur innerhalb der ungarischen Medienlandschaft führt. Wer hohe Geldbußen (bis zu 720 000 Euro!) befürchten muss, wird sich hüten, die Regierung zu kritisieren. Eine freie, kritische Presse aber gehört zur Demokratie wie das Recht auf freie Wahlen. Nicht umsonst wird sie als vierte Gewalt bezeichnet, ist ihr oberstes Ziel, im Interesse der Bürger den Mächtigen auf die Finger zu schauen und Missstände aufzudecken. Der Regierungsstil des rechtsnationalen Viktor Orban aber ist von einer totalitären Staatsauffassung geprägt, die innerhalb der EU nichts zu suchen hat. Ihm und seinem Machttrieb muss endlich Einhalt geboten werden. Die Europäische Kommission ist zwar tätig geworden, überprüft das Mediengesetz ob seiner Vereinbarkeit mit dem europäischen Recht und kann gegebenenfalls ein Vertragsverletzungsverfahren vor dem Europäischen Gerichtshof in die Wege leiten. So lange - die Prüfung könnte bis März dauern - darf Europa aber keinesfalls warten. Geben die europäischen Staatenlenker jetzt kein klares Statement ab, macht sich die EU als Wertegemeinschaft unglaubwürdig. Oder es erlangen die gefährlichen Beschwichtiger die Oberhand: Ein klarer Affront gegen die demokratischen Grundwerte ist die Appeasementpolitik, die ein Teil der politischen Klasse an den Tag legt. So ruft der außenpolitische Sprecher der CSU im Europäischen Parlament, Bernd Posselt, in einer Presseerklärung dazu auf, die "Verleumdungskampagne gegen Ungarn zu beenden". Ungarn sei schließlich eine stabile, klar pro-europäische Demokratie. Der CDU-Politiker und Europaparlamentarier Werner Langen springt ihm bei. Er behauptet gar, "die Vorverurteilungen des Mediengesetzes durch Sozialisten und Kommunisten in Europa" sei ein "durchsichtiges und destruktives Spiel, das Europa schadet." Nein, nicht die Kritik an dem ungarischen Mediengesetz, sondern der Versuch, gravierende Missstände zu vertuschen, schadet Europa. Glücklicherweise haben die Kritiker noch ein Ass im Ärmel. Viktor Orban, ganz der Macher, hat sich viel vorgenommen für die EU-Ratspräsidentschaft, will die Euro-Krise bewältigen, die Finanzmärkte regulieren, die EU-Haushalte sanieren und für Wachstum und Beschäftigung sorgen. Nichts davon wird er erreichen, lenkt er nicht sofort ein. Denn das Europäische Parlament, das Gesetzesinitiativen des Ratspräsidenten blockieren kann, wird dafür sorgen, dass nicht nur der Start, sondern die gesamte Ratspräsidentschaft Ungarns zum Flop wird.

Quelle: Mittelbayerische Zeitung

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