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BERLINER MORGENPOST: Die Weisheit unserer demokratischen Regeln

Archivmeldung vom 29.06.2010

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 29.06.2010 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Es ist nicht viel Gutes gewesen an Horst Köhlers unerklärtem Rücktritt, an dieser Flucht aus dem Schloss Bellevue, dessen destruktive Qualität die des ähnlich abrupten Lafontaine-Rückzugs noch übertroffen hat. So etwas macht man nicht. Das ist ein spielerischer, im Zweifel egoistischer Umgang mit höchsten Staatsämtern, der den nötigen Respekt vor unserer Demokratie vermissen lässt und der sie unter dem Strich gefährdet.

Wer einen solchen scharfen Schnitt setzt, der muss ihn erklären oder, wenn man selbst nicht die Kraft hat, wenigstens erklären lassen. Lafontaines Begründungen waren läppisch, Köhlers unverständlich, ungenau, unzureichend. Es ist denjenigen Politikern, die mit diesem wenig würdevollen Geschehen umgehen mussten, hoch anzurechnen, dass daraus keine Staatskrise wurde, sondern ein ganz gut temperiertes Ringen um die Nachfolge. Das liegt zum großen Teil an der Qualität der beiden aussichtsreichen Kandidaten, die eben keine Notlösungen sind, sondern hervorragende Angebote an die am Mittwoch tagende Bundesversammlung. Es geht ja relativ leicht von der Hand heutzutage, über Merkel und Gabriel zu meckern, über SPD und Union und auch die FDP. Aber mal eben zwei Kandidaten aus dem Ärmel zu schütteln, die mit Fug und Recht Anspruch erheben können auf das höchste, wenn auch nicht machtvollste Amt im Staate, das ist ja nicht so schlecht. Jeder von den beiden wird nach der Wahl Anerkennung finden bei den Bürgerinnen und Bürgern, keiner von den beiden wird polarisieren oder spalten. Die Kandidaturen Wulffs und Gaucks, zweier Männer mit großen Erfahrungen, großer Leidenschaft und großer Räson, sind die besten Argumente gegen eine Veränderung des Verfahrens zur Wahl des Bundespräsidenten. Sie sind in der Lage, die Bundesversammlung von sich zu überzeugen, ohne laute Töne, mit großem gegenseitigem Respekt. Wäre das auch so in einer Direktwahl? Die Vermutung, dass beide auf diese leise Weise keinen Stich hätten gegen den viel zitierten "Günther Jauch" liegt nahe, also gegen einen Populisten, einen, der gekonnt nach dem Munde reden kann. Es liegt eine große Chance auf Weisheit in den Regeln einer repräsentativen Demokratie. Diesen Vorteil sollte man nicht leichtfertig aufs Spiel setzen, auch wenn der Ruf nach einer Direktwahl immer eine Versuchung ist für diejenigen, die in der Bundesversammlung in der Minderheit sind. Noch ein Satz zur Forderung Kurt Biedenkopfs und auch Richard von Weizsäckers, die Wahl freizustellen von "Fraktionszwängen". Ein bemerkenswerter Vorstoß, der, gewollt oder ungewollt, ein Bild von rückgratlosen, willfährigen Delegierten zeichnet, denen man es erst schriftlich geben muss, dass sie bei einer geheimen und freien Wahl auch geheim und frei abstimmen können. Es gibt klügere Arten, seiner Unzufriedenheit mit dem Kandidaten des eigenen Lagers Ausdruck zu geben.

Quelle: BERLINER MORGENPOST

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