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Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu den Krawallen in England

Archivmeldung vom 10.08.2011

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 10.08.2011 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Es sind Bilder wie aus einem Bürgerkrieg: Jugendliche randalieren, Straßenzüge brennen, Fußballspiele werden abgesagt, und die Presse spricht von einer neuen »Schlacht um England«. Die Plünderungen und Krawalle von London, Birmingham und Liverpool erschüttern das Land und enthüllen die vielen sozialen und wirtschaftlichen Probleme. Doch der britische Premierminister Cameron verdrängt die Hintergründe der Krise, fordert mehr Polizisten, nennt die Randalierer »Kriminelle« und verspricht harte Strafen.

Eine kreative Sozialpolitik ist nicht in Sicht. Diese Taktik erinnert fatal an die Reaktion auf die Straßenschlachten in Paris, als Jugendbanden Autos anzündeten und Behörden angriffen. Der damalige Innenminister Nicolas Sarkozy beschimpfte die Jugendlichen als »Gesindel« und »Abschaum« und verdrängte die sozialen und ethnischen Ursachen der Krawalle. Cameron sollte diesen Fehler nicht wiederholen. Denn Großbritannien hat in der Tat Probleme: Die soziale Schere zwischen Arm und Reich wird größer, die Jugendarbeitslosigkeit grassiert, die Schuldenkrise erfordert Kürzungen im Sozialhaushalt, die Konjunktur lahmt, und der jüngste Börsenkrach nährt die Angst vor dem wirtschaftlichen Abstieg. Großbritannien ist immer noch eine Klassengesellschaft mit großen sozialen Gegensätzen: Allein im vergangenen Jahr ist das Gesamtvermögen der reichsten 1000 Briten um 30 Prozent auf 330 Milliarden Pfund gestiegen. Die Ungleichheiten bei Löhnen, Vermögen und Lebenserwartungen sind größer denn je. Selbstverständlich sind die Randalierer Kriminelle, und sicher müssen sie bestraft werden; doch ebenso wichtig ist, das soziale und wirtschaftliche Elend der Jugendlichen zu verstehen und darauf zu reagieren. Wenn Politiker den Staat leichtfertig verschulden und dann die Sozialausgaben kürzen, versündigen sie sich an der Zukunft der Jugend. Denn eine Gesellschaft ist nur so stark und gesund wie ihre schwächsten Mitglieder. Wer Jugendarbeitslosigkeit und Jugendarmut ignoriert, setzt das Schicksal der Nation aufs Spiel. Das gilt für Großbritannien ebenso wie für Griechenland, Spanien, Frankreich, Italien oder Deutschland. Die Jugendarbeitslosigkeit ist eine Zeitbombe, die Wohlstand und Stabilität vieler europäischer Staaten bedroht. Das Gespenst von Jugendarmut und Jugendarbeitslosigkeit sollte jeden europäischen Politiker zwingen, eine starke und vernünftige Sozialpolitik zu verfolgen. Doch jetzt ist zunächst Premierminister Cameron gefordert: Er muss eine tragbare Sozialpolitik entwerfen, denn mit mehr Polizisten allein ist es nicht getan. Die Jugend braucht Bildung, Ausbildung, Arbeitsplätze, Zukunftsperspektiven und gesellschaftliche Akzeptanz. Ohne starke politische Führung droht die Gesellschaft auseinanderzufallen. Dann gäbe es in Großbritannien den Dauerkrawall.

Quelle: Westfalen-Blatt (ots)

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