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Das R-Wort fällt häufiger

Archivmeldung vom 16.04.2022

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 16.04.2022 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Sanjo Babić

Rezession - dieses Wort taucht in Diskussionen unter Finanzmarktteilnehmern und auch in den Konjunkturprognosen von Volkswirten und Wirtschaftsinstituten dieser Tage immer häufiger auf. Zwar hat das R-Wort in seiner Häufigkeit der Erwähnung noch nicht "Inflation" abgelöst, aber immer mehr Akteure an den Kapitalmärkten haben die womöglich heftige wirtschaftliche Eintrübung in den kommenden Monaten bzw. dem nächsten Jahr nun verstärkt im Blick.

Das jüngste Beispiel war in der Woche vor Ostern zu konstatieren. Die führenden Wirtschaftsinstitute warnten nun schon vor einer schweren Rezession und der höchsten Inflation seit Bestehen der Bundesrepublik im Falle eines Stopps russischer Gaslieferungen. Das Bruttoinlandsprodukt dürfte ihren Prognosen zufolge dieses Jahr bei normaler Versorgung noch um 2,7 % wachsen, so die Ausführungen in der zur Wochenmitte veröffentlichten Frühjahrsprognose für die Bundesregierung.

Im Herbstgutachten war hingegen noch von einem Anstieg um immerhin 4,8 % ausgegangen worden. Das kann durchaus als deutliche Rücknahme verstanden werden. Die Erholung von der Coronakrise wird infolge des Ukraine-Krieges gedämpft, behält aber die Oberhand, so der Vizepräsident und Konjunkturchef des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW), Stefan Kooths. Für 2023 wurde die Wachstumsprognose zwar noch von 1,9 auf 3,1 % angehoben, dies aber gleichzeitig wieder mit einem "Aber" versehen: Bei einem sofortigen Stopp russischer Gaslieferungen sieht das Konjunkturszenario den Experten zufolge sehr viel düsterer aus. Für dieses Jahr wird dann noch ein Wachstum von 1,9 % veranschlagt, 2023 sollte es dann sogar um 2,2 % zurückgehen. Bei einem Stopp der Gaslieferungen droht der deutschen Wirtschaft laut Kooths eine scharfe Rezession. Die Rezession gilt dann praktisch als ausgemachte Sache.

Auch immer mehr Assetmanager sehen die weitere wirtschaftliche Entwicklung mit Sorge und erwarten durchaus eine Veränderung des Verhaltens der Notenbanken. So könnte etwa die US-Konjunktur aufgrund einer beschleunigten geldpolitischen Straffung unter Druck geraten, meint Mark Dowding, Chief Investment Officer bei Bluebay Asset Management. "In vielerlei Hinsicht ist die Lage für die Zentralbanken höchst kompliziert: Die Volkswirtschaften haben sich von der Pandemie erholt, auf den Arbeitsmärkten gibt es wenig oder gar keinen Spielraum, und die Inflation schießt auf ein lange Zeit unvorstellbares Niveau", sagt er. Die Währungshüter müssten daher die geldpolitische Straffung vorantreiben. "Aber wenn sie fest auf die Bremse treten, besteht die Möglichkeit einer abrupten Wachstumsverlangsamung. Daher scheint das Risiko einer Rezession im Jahr 2023 oder 2024 zu steigen, nachdem es uns noch vor einigen Monaten sehr gering erschien", so Dowding.

Die Marktakteure würden für Ende 2022 US-Leitzinsen in Höhe von 2,5 % und für Mitte 2023 einen Höchststand von rund 3,25 % erwarten. Damit würden sie über den von der Fed als neutral angesehenen Punkt hinausgehen. "Wir gehen jedoch davon aus, dass die Inflation in den kommenden Monaten aufgrund von Basiseffekten ihren Höhepunkt erreicht und dann zu sinken beginnt. Daher könnten die Befürworter einer besonders straffen Geldpolitik einen Schritt zurücktreten - insbesondere, wenn sich das Wachstum verlangsamt", so Dowding.

An den Bondmärkten wird seit einigen Wochen das Szenario einer Rezession immer mehr eingepreist. Die Eurodollar-Zinskurve invertierte im März, Anfang April wurde dann auch die US-Staatsanleihe-Zinskurve invers, und zwar im Bereich von zwei bis zehn Jahren Laufzeit. Eine flache Renditestrukturkurve zeigt an, dass die Marktteilnehmer eine wirtschaftliche Verlangsamung in den nächsten Quartalen erwarten. Wird die flache Kurve - bei der alle Renditen entlang der Laufzeiten auf dem gleichen Niveau liegen - dann invers, d.h., die langfristigen Bondrenditen liegen unter den kurzfristigeren Anleihesätzen, gehen die Akteure von einer Rezession aus. Sie preisen dann ein, dass die Notenbanken auf längere Sicht mit niedrigeren Leitzinsen der Volkswirtschaft wieder auf die Beine helfen müssen. Inverse Zinskurven waren in den vergangenen 40 bis 50 Jahren sehr sichere Signalgeber, gingen Rezessionen doch praktisch immer invertierte Kurven voraus, zumeist mit einem Vorlauf von vier bis acht Quartalen. Der US-Bondmarkt könnte nun auch wieder ein ziemliches wirtschaftliches Ungemach ankündigen.

Quelle: Börsen-Zeitung (ots) von Kai Johannsen

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