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Börsen-Zeitung: Ein guter Puffer

Archivmeldung vom 01.06.2019

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 01.06.2019 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch André Ott

Es wird einem angst und bange, wenn Prognosen abgegeben werden, bei denen man die Augenbrauen hochzieht und die dann auch noch in kürzester Zeit zur Realität werden. Auf der Jahrestagung der International Capital Market Association (ICMA) bat Mandy DeFilippo, Chair der ICMA, Isabelle Mateos y Lago, Managing Director und Deputy Head of Official Institutions Group bei BlackRock, kurz die wesentlichen Treiber der internationalen Kapitalmärkte darzustellen. Mateos y Lago fasste zusammen. Erstens: die internationalen Handelsspannungen.

Zweitens: die geopolitischen Risiken in Europa und hier konkret der Brexit, bei dem Mateos y Lago davon ausgeht, dass sich die Erleichterung über die Brexit-Verlängerung in eine erhöhte Unsicherheit wandeln wird. Es sei eine Verlängerung der Unsicherheit, da es nun zu einem größeren Spektrum an möglichen Entscheidungen komme. Drittens: Die Golfregion sei ein entscheidender Krisenherd, speziell die Entwicklungen um Iran und Saudi-Arabien. DeFilippo hakte nach, wo sich Anleger aufhalten sollten. Mateos y Lagos prompte Antwort: Staatsanleihen seien gut. Die sicheren waren gemeint. "It is a good buffer", so Mateos y Lago.

Und was für ein guter Puffer die sicheren Staatsanleihen in den vergangenen 14 Tagen waren, vor allem die Bundesanleihen und die US-Staatsanleihen. Denn es gab eine enorme Flucht in die sicheren Häfen mit den zehnjährigen Bundrenditen auf Rekordtief. Das von Mateos y Lago dargestellte Kapitalmarktszenario war auf einen Horizont von mehreren Wochen bzw. einigen Monaten ausgelegt. So schnell kann es gehen. Und alle drei Faktoren werden die Märkte weiter in Aufruhr versetzen und die Flucht in Sicherheit noch befeuern.

Am Freitag kam es zur nächsten Eskalationsstufe im US-Handelsstreit. Die USA erheben Strafzölle von 5% auf Importe aus Mexiko. Diese sollen bis Oktober jeden Monat um 5 Prozentpunkte auf dann 25% angehoben werden. Selbstredend, dass diese extreme Maßnahme Mexikos Wirtschaft erheblich zusetzen wird. Aber auch die USA werden dabei Schaden nehmen. Da viele Konsumgüter der USA in Mexiko hergestellt werden, wirken diese Zölle auf die US-Haushalte wie eine zusätzliche Verbrauchsteuer, d.h., sie belasten den Konsumenten, der dann weniger ausgeben kann. Das wiederum belastet die US-Konjunktur.

In Sachen Brexit kam von der Bank of England nur einen Tag vorher - da war in vielen europäischen Ländern Christi Himmelfahrt - die Warnung, dass selbst ein sanfter Brexit das Wachstum der britischen Wirtschaft dämpfen wird. Dave Ramsden, stellvertretender Chef der britischen Zentralbank, hält es selbst bei einem reibungslosen Brexit für unwahrscheinlich, dass die Unsicherheit der Unternehmen ausgeräumt wird. Das dürfte seiner Ansicht nach die Investitionstätigkeit deckeln. Ihm ist durchaus recht zu geben. In der Phase dieser erhöhten Brexit-Unsicherheit werden Firmen keine erhöhte Investitionslust verspüren. Sie wollen ja gerade Sicherheit. So wird allein diese Verlängerungsphase und die in dieser Zeit nicht erfolgten Investitionen auf die Wirtschaft durchschlagen. Fragt sich nur, in welchem Ausmaß.

Und auch in der Golfregion herrschte zum Wochenschluss keine Ruhe. Auch wenn zu konstatieren war, dass dieser Krisenherd am Freitag nicht gerade die Schlagzeilen beherrschte. Die Spannungen in der Region hatten sich zuletzt verschärft, und zwar nachdem das Iran-Atomabkommen seitens der USA gekündigt und neue Sanktionen verhängt worden waren. Zudem hatten die USA weitere Truppen in die Golfregion verlegt. Nun warf der Iran Saudi-Arabien vor, die Länder der Region gegen den Iran aufbringen zu wollen.

Diese drei Brandherde werden nicht über Nacht und auch nicht in den nächsten Wochen verschwinden. Sie werden in der Reihenfolge Handelsstreit, Brexit-Unsicherheit und Golfregion die Marktakteure in Atem halten. Die Verunsicherung bleibt, die hohe Nachfrage nach Sicherheit auch. Das führt zu Kursgewinnen bei US-Staatsanleihen und Bundesanleihen. Die zehnjährige US-Rendite ist auf dem tiefsten Stand seit Mitte September 2017. Die zehnjährige Bundrendite erreichte mit minus 0,213% am Freitag Rekordtief. Zur Erinnerung: Das bisherige Rekordtief von minus 0,204% bei den Bunds wurde am 6. Juli 2016 erreicht, also in den Tagen der Nachwirren des Brexit-Votums. Trumps Wirtschafts- bzw. Handelspolitik trug von 2017 bis heute zu den Renditerückgängen bei. Brexit und Trump sorgten nun für die Renditerekorde. Und sie werden es weiter tun.

(Börsen-Zeitung, 01.06.2019)

Quelle: Börsen-Zeitung (ots) von Kai Johannsen

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