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Westdeutsche Zeitung: Milch wird zum Politikum

Archivmeldung vom 03.06.2008

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 03.06.2008 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Bauern klagen immer! Jedenfalls, so lange es unsere Republik gibt. Immer sind die vielfältigen Subventionstöpfe der EU ungerecht verteilt. Und nie ist die Stadtbevölkerung den Bauern für ihre zusätzlichen Leistungen für den Umweltschutz dankbar. Aber bei der Milch haben die Bauern diesmal Recht. Preise, die keine Gewinne mehr bringen, sondern nur Verluste anhäufen, sind nicht tragbar.

In solchem Fall können sie nur ihre Kühe abschaffen, was aber von der Gesellschaft kaum gewollt sein kann. Nach Kleidung "made in China" jetzt Milch "made in Indien"? Für Verbraucher ein grauenvoller Gedanke. Für die deutschen Milchbauern, die mit explodierten Futter- und Energiepreisen zu kämpfen haben, geht es um die nackte Existenz. Allerdings heiligt ihr Überlebenszweck nicht alle Mittel. Blockierte Molkereien, deren genossenschaftlicher Teil sogar den Bauern meist selbst gehört, können für ihren Verdienstausfall Schadenersatz verlangen. Und Milch in den Gully zu kippen, ist ethisch einfach nicht korrekt, wenn in Afrika die Kinder hungern. Auch wenn katholische Bischöfe und evangelische Landeskirchen sich mit den Bauern solidarisch erklären. Die Milchvernichtungsaktion kommt auch im Ausland nicht gut an, jedenfalls, wenn sie länger dauert. Seit gestern dürfte jedoch der Zenit beim Bauern-Boykott überschritten worden sein, die Milch ist zum Politikum geworden. Selbst Verbraucherschützer, die sonst gegen jede Preiserhöhung zu Felde ziehen, plädieren für einen fairen Milchpreis, der alle - Erzeuger, Handel und Konsumenten - gerecht behandelt. Für fünf Cent pro Liter Rohmilch mehr, also dem Preis vor der Absenkung Ende April, arbeiten die Bauern wieder mit Gewinn. Für den durchschnittlichen Vier-Personen-Haushalt bedeutet dies Mehrkosten von 3,20 Euro pro Monat - nicht einmal der Gegenwert einer Schachtel Zigaretten. Andererseits: Die Bauern sind an ihrer eigenen Misere nicht schuldlos. Auch wenn der deutsche Handel stark konzentriert ist, müssen sie sich solche Preise nicht diktieren lassen. Die ihnen gehörenden Molkereien sollten sie an die Kandarre nehmen, damit sie anständige Preise aushandeln. Selbst Müller-Milch müsste sich dann anpassen. Verträge später zu reklamieren, ist schlecht. Das sollten die Bauern spätestens jetzt gelernt haben.

Quelle: Westdeutsche Zeitung (von Ingo Faust)

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