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Westdeutsche Zeitung: Ein höchstrichterliches Achselzucken

Archivmeldung vom 08.09.2011

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 08.09.2011 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Eines lässt sich ganz bestimmt nicht aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts herauslesen - dass die Richter glauben, die Rettungsaktion für schlingernde Euro-Staaten werde sicher funktionieren. Aus Karlsruhe kommt da eher ein höchstrichterliches Achselzucken: Es ist nicht unsere Sache, darüber zu entscheiden. Das ist Finanzpolitik, und da sind wir keine Experten.

Sie nehmen sich sehr zurück, die obersten Verfassungsrichter. Ganz anders, als wir es sonst von der selbstbewussten Institution gewohnt sind. Und das angesichts einer wahrhaft atemberaubenden Dimension, die die Angelegenheit hat.

Da denken die Richter durchaus darüber nach, dass Deutschland in Folge der gegebenen Garantiezusagen möglicherweise sogar mit 170 Milliarden Euro zur Kasse gebeten wird und haben doch nur zur Antwort: Selbst das wäre noch durch Einnahmesteigerungen, Ausgabenkürzungen und über längerfristige Staatsanleihen finanzierbar. Heißt aus Bürgersicht: 1. Steuererhöhung, 2. Sparen (Soziales, Bildung etc.) und 3. weitere Verschuldung (Belastung nachfolgender Generationen). Aber darüber zu entscheiden - das überlassen die Richter der Politik.

An anderer Stelle kommen sie auf eine weitere mögliche Konsequenz der Schuldenkrise zu sprechen, die kaum weniger beängstigend ist als die anderen drei: Inflation. Doch auch hier ziehen sie sich zurück. Es sei nicht ihre Aufgabe, finanzpolitische Maßnahmen auf ihre negative Folgewirkungen für die Geldwertstabilität zu überprüfen. Andere müssen das beurteilen, sagen die Juristen. Und spielen den Ball weiter, stärken nur ein wenig das Parlament gegenüber der Regierung. Wirklich beruhigend ist das alles nicht.

Übrigens: Das Wort Eurobonds, also die gemeinsamen Anleihen, für die die Staaten gemeinsam haften, kommt in dem Urteil nicht vor. Und doch hat Karlsruhe in einem Nebensatz deren Befürwortern einen Dämpfer erteilt - mit der Warnung, dass sich Deutschland "keinem unüberschaubaren, in seinem Selbstlauf nicht mehr steuerbaren Automatismus einer Haftungsgemeinschaft unterwirft". Wenigstens insoweit liefert das ansonsten durch vornehme oder ratlose Zurückhaltung geprägte Urteil eine gewisse Leitlinie.

Quelle: Westdeutsche Zeitung (ots)

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