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Börsen-Zeitung: In Feierlaune

Archivmeldung vom 02.04.2008

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 02.04.2008 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Ein Dreivierteljahr nach Ausbruch der Finanzmarktkrise scheint die Investoren so schnell nichts mehr schockieren zu können. Da geben zwei Schwergewichte der Bankenwelt neue Milliardenbelastungen in einem Geschäftsquartal bekannt. Und was passiert an der Börse?

Statt im Tal der Tränen sind die Anleger in Feierstimmung. Die UBS-Aktie legte um gut 12% zu, das Deutsche-Bank-Papier zog um knapp 4% an und gehörte damit zu den stärksten Werten im Dax.

Fast zynisch

Es wäre ja verständlich gewesen, hätten sich Investoren nach den neuesten Hiobsbotschaften aus Zürich und Frankfurt auf breiter Front aus dem Staub gemacht. Allein die Zahlen sind schwindelerregend, und so mutet die Reaktion an den Börsen schon fast zynisch an. Da verdoppeln sich beim Schweizer Marktführer allein in den ersten drei Monaten des Jahres mit rund 12,1 Mrd. Euro die bis dato aufgelaufenen Belastungen durch Engagements am US-Ramschhypothekenmarkt. Da vermeldet der deutsche Branchenprimus mit 2,5 Mrd. Euro höhere Wertkorrekturen als im dritten und vierten Quartal 2007 zusammen. Und doch macht sich - zumindest an diesem einen Tag - Erleichterung breit: Es hätte auch noch schlimmer kommen können.

Dabei ist das, was die UBS gestern kundtat, nicht weniger als eine Katastrophe für den weltweit größten Vermögensverwalter und mithin auch für den gesamten Schweizer Finanzplatz. Die Wertkorrekturen im Zusammenhang mit der US-Hypothekenkrise summieren sich auf mittlerweile fast 40 Mrd. sfr (25,5 Mrd. Euro), für das erste Quartal 2008 avisiert die bisherige Vorzeigebank der Eidgenossen einen Verlust von 12 Mrd. sfr (7,6 Mrd. Euro). Und ob das Ende der Fahnenstange erreicht ist, muss nach den Erfahrungen der vergangenen Monate bezweifelt werden, selbst wenn die nationale Bankenaufsicht der UBS zur Seite springt und ihr aktuell einen konservativen Umgang mit problembehafteten Positionen bescheinigt. Das kollektive Kopfschütteln über die Bank zeigt sich indes auch in den Ratingkürzungen, mit denen Standard & Poor's und Moody's auf die Hiobsbotschaft reagierten.

Die UBS, die 2005 und 2006 noch mit Konzerngewinnen über 12 Mrd. sfr glänzte, 2007 aber wegen der Problemengagements erstmals mit 4,4 Mrd. sfr (2,8 Mrd. Euro) einen Jahresverlust einfuhr, muss sich zum zweiten Mal innerhalb weniger Wochen neues Kapital besorgen. Bis weit ins vergangene Jahr hinein war dies schlicht unvorstellbar. Nach den 13 Mrd. sfr, die der Staatsfonds GIC aus Singapur sowie ein unbekannter Investor aus dem Nahen Osten inzwischen eingeschossen haben, sollen nun weitere 15 Mrd. sfr eingeworben werden - dieses Mal mit Bezugsrecht für die Altaktionäre.

Dass die Emission von einem Bankensyndikat unter Beteiligung von JPMorgan, Morgan Stanley, BNP Paribas und Goldman Sachs in vollem Umfang garantiert wird, ist gut für die UBS, weil Kunden und Investoren Vertrauen signalisiert wird, Vertrauen in die Zukunft der Bank - trotz nicht absehbarer Risiken im weiteren Verlauf der Finanzmarktkrise. Die UBS muss nach dem abschreckenden Beispiel der amerikanischen Investmentbank Bear Stearns nicht befürchten, dass ihre Aktien zum Schleuderpreis verramscht werden, falls die Altaktionäre nicht mitziehen sollten. Auch werden so Risiken minimiert, missliebige Investoren zu Engagements einzuladen und die UBS zum Spielball von Hedgefonds werden zu lassen. Die am Syndikat beteiligten Institute werden sich die Garantie etwas kosten lassen. Dass sie die Gebühreneinnahmen wiederum nutzen könnten, um eigene Belastungen durch die Finanzmarktkrise abzufedern, wäre aber wohl zu viel der Ironie.

Gut auch für die UBS, dass sie ihre Zukunft schon nach der Generalversammlung am 23. April ohne ihren "Macher" Marcel Ospel angehen kann. Die Ära des Taktikers nimmt früher als erwartet ihr absehbar unrühmliches Ende. In seiner Funktion als Verwaltungsratspräsident zuallererst verantwortlich für die tiefe Krise der Bank sah Ospel sich seit Monaten immer heftigeren Schmähungen ausgesetzt. Mit den neuerlichen Belastungen und der zweiten Kapitalspritze wurde eine personelle Zäsur für die UBS unabdingbar.

Fest im Sattel

Fest im Sattel als Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bank sitzt hingegen trotz der neuerlichen Milliardenbelastung Josef Ackermann. Zwar drohen auch den Frankfurtern weitere Wertberichtigungen vor allem auf Kredite zur Finanzierung großer Übernahmen, die sich wegen der Finanzmarktkrise derzeit nicht an Investoren weiterverkaufen lassen. Doch steht die Bank, die nach wie vor an ihrem Gewinnziel von 8,4 Mrd. Euro vor Steuern in diesem Jahr festhält und anders als aktuell auch die US-Investmentbank Lehman Brothers keine akute Kapitalnot bekämpfen muss, vergleichsweise stabil da. Seit Jahresbeginn hat die UBS rund 40% ihres Börsenwerts verloren, die Deutsche Bank 15%. Dass beide Institute am ersten Tag nach Quartalsende über die erwarteten Belastungen informierten, war im Interesse größtmöglicher Transparenz unter den Finanzmarktakteuren.

Quelle: Börsen-Zeitung (von Carsten Steevens)

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