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Börsen-Zeitung: Problem abgeschoben

Archivmeldung vom 07.09.2011

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 07.09.2011 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Manchmal ist entscheidender, was nicht gesagt wird, als das, was gesagt wird. So die Reaktion der Europäischen Zentralbank (EZB) auf die Ankündigung der Schweizerischen Nationalbank (SNB), dem Franken künftig ein Wechselkursziel zu geben. Die Frankfurter Währungshüter reagierten kurz und schroff: "Der EZB-Rat nimmt diese von der Schweizerischen Nationalbank in eigener Verantwortung getroffene Entscheidung zur Kenntnis." Keine Rede war davon, ob man der SNB bei ihrer Politik helfen werde, nichts war davon zu lesen, ob man für die Aktion Verständnis habe. Die Knappheit des Textes ist im Grunde eine Distanzierung.

Und das ist nur zu verständlich. Denn die Aktion aus Zürich wird auch Folgen für Euroland haben: Wenn die SNB am Devisenmarkt interveniert, dann heißt das nichts anderes, als dass sie Franken gegen Euro eintauscht, also dass ihre Bestände an Euro wachsen. Was aber soll sie damit anfangen? Schließlich will sie ja nicht zocken, sondern möglichst keine Verluste einfahren. Sie wird also sichere Euro-Anlagen suchen, und da bleiben eigentlich nur deutsche Bundesanleihen. Die Folge: Die Rendite der deutschen Staatspapiere wird noch weiter fallen. "1,0% in Sicht", mag man bezüglich der zehnjährigen Bundrendite rufen. Damit aber dürften die Zinsdifferenzen in der Eurozone noch weiter steigen. Für den Transmissionsmechanismus der Geldpolitik ist das eine schlechte Nachricht. Die EZB verliert zunehmend die Kontrolle über das Zinsniveau. Damit hat die SNB einen gewissen Teil ihres Problems nach Frankfurt abgeschoben.

Die Geschichte zeigt, dass eine Rückkehr zu währungspolitischer Kleinstaaterei in Europa, wie es sich mittlerweile eine wachsende Zahl von Ökonomen und Marktakteuren hinter vorgehaltener Hand wünscht, trotz aller Sorgen nicht problemfrei wäre. Überhaupt stellt sich die Frage, ob Euroland nicht auch ohne den Euro ähnliche Probleme hätte wie heute - nur eben dass der Mechanismus nicht der Bond-, sondern der Devisenmarkt wäre.

Ob ein Währungschaos mit 17 verschiedenen Devisen für Deutschland wirklich angenehmer wäre als die zunehmenden Zahlungsverpflichtungen über Euro-Rettungsschirme, ist eine schwierige Frage. Das zeigt die Schweiz, wo der starke Franken Deflations- und Deindustrialisierungsängste hervorruft. All jene, die heute für eine Rückkehr zur D-Mark oder eine Aufspaltung in einen Nord- und einen Südeuro plädieren, müssen deshalb die Frage beantworten, ob sie die Schweizer Probleme lieber hätten als die deutschen.

Quelle: (Börsen-Zeitung (ots)

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