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Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zur Rechtschreibreform

Archivmeldung vom 02.08.2008

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 02.08.2008 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Die Rechtschreibreform ist zehn Jahre alt. Ein Anlass, »Herzlichen Glückwunsch!« zu rufen, ist das nicht. Für den Buchhandel war und ist die Schreibverwirrung ein Geschäft, weil die Verlage millionenfach Ratgeber verkaufen. Viele Deutsche halten die Korrekturen für ein Ärgernis, für so überflüssig wie einen Kropf.

Die Gesundheitsreform der deutschen Sprache ist gescheitert, an ihr wird auch nach zehn Jahren noch herumgedoktert. Die Schweizer Orthographische Konferenz hält weitere Nachbesserungen für unerlässlich. Gehen also die Reparaturarbeiten weiter? Korrekt zu schreiben sollte einfacher werden: Mit diesem Ziel gingen Germanisten und die Kultusminister damals daran, die deutsche Sprache von Ungereimtheiten zu befreien. Es begann ein Kahlschlag. Dafür, dass Betttuch mit drei »t« und dass mit zwei »s« geschrieben werden sollen, haben die meisten Deutschen Verständnis. Aber für das willkürliche Auseinanderreißen von Wortverbindungen gilt das nicht. Beispiel »zusammen tragen«: Es ist ein Unterschied, ob zusammen tragen meint, dass jemand Informationen oder Modellautos sammelt, oder ob es bedeuten soll, dass mehrere Menschen einen Schrank gemeinsam schleppen. Die alte Zusammenschreibung war die bessere Lösung. Nach dem Kahlschlag folgte die Neuanpflanzung des alten Saatguts. Der Rechtschreibrat um den früheren bayerischen Kultusminister Hans Zehetmair brachte durch die Rückbesinnung auf Altbewährtes wieder mehr Vernunft in den Rechtschreibwahnsinn. Dennoch ist die Verunsicherung weiter groß. Wie die Forschungsgruppe Deutsche Sprache herausfand, stieg die Fehlerquote in Aufsätzen von Viertklässlern und in Diktaten von Gymnasiasten deutlich an. Damit haben die Rechtschreibreformer ihr Ziel verfehlt. Wenn es ums Schreiben geht, müssen die Deutschen heute öfter im Duden nachsehen als früher. Das Flickwerk leistete der Beliebigkeit Vorschub. »Ich schreibe so, wie ich will«: So denken immer mehr Deutsche. Wenn Personalchefs über haarsträubende Schnitzer in den Bewerbungen um Lehrstellen klagen, dann ist das auch auf die zersetzende Wirkung der Rechtschreibreform zurückzuführen. Während Ältere, die Sprache als hohen Wert ansehen, auf Korrektheit bei Rechtschreibung und Formulierungen achten, bekommen sie im Gegenzug Briefe von ihren Enkeln, die von großer sprachlicher Gleichgültigkeit zeugen. Ohnehin möchten viele Jugendliche am liebsten nur noch SMS schreiben, auf dem Handy regiert der Abkürzungswahn. Mehr als zehn Jahre lang streiten die Deutschen schon über die Rechtschreibung, die am 1. August 2007 endgültig in Kraft trat. Nach der langen Zeit ist sie immer noch unausgegoren. Aber wir müssen wohl die Mängel akzeptieren, denn eine neuerliche Reform der Reform wäre für die Schüler und auch ihre Lehrer unzumutbar. Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende.

Quelle: Westfalen-Blatt

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