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Südwest Presse: zum Thema Staatshilfe

Archivmeldung vom 10.06.2009

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 10.06.2009 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Für die Beschäftigten wird es ein Schock sein, dass Arcandor nun Insolvenz anmelden will. Bis zuletzt hatten sie gehofft, dass sich der Staat als Helfer betätigt, sei es durch eine Bürgschaft oder einen Notkredit. Beides wurde dem Handelskonzern versagt - und das ist auch gut so.

Auch wenn es für die Betroffenen bitter ist: Es ist nicht Aufgabe des Staates, Unternehmen wettbewerbswidrig zu stützen, die durch Missmanagement in die Pleite getrieben wurden. Mit der Finanzkrise hat der Fall Arcandor nichts zu tun, das hat auch die Regierung eingesehen und ihre Hilfe verweigert. Diesen Kurs sollte sie beibehalten. Denn der Begriff Staatshilfe hat höchstes Potenzial, zum Unwort des Jahres zu werden. Opel, Porsche, Schaeffler und jetzt Arcandor - schon allein die Diskussion um diese prominenten Fällen zeigt, welche Dimensionen das Thema gewonnen hat. Mit bangem Blick auf die Bundestagswahlen wird quer durch die Parteien in unverantwortlicher Weise um die Zukunft von Unternehmen geschachert, werden Hoffnungen geschürt und Zuwendungen in Aussicht gestellt. Wann und wie das Kriseninstrumentarium wie Deutschlandfonds und Bankenrettungsschirm greifen sollen, hatte die Regierung klar definiert. Dennoch macht sich in der Republik das dumpfe Gefühl breit, dass derjenige Hilfe bekommt, der entweder am lautesten brüllt oder die richtigen Kontakte hat. Hartnäckig hält sich zum Beispiel das Gerücht, dass ein Anruf der Kanzlerin bei der teilverstaatlichten Commerzbank diese dazu bewegt hat, Porsche einen Kredit zu gewähren. "Ich sehe ein echtes Demokratieproblem", sagte kürzlich der niedersächsische Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) mit Blick auf die Vergabe von Staatshilfen. Da hat er recht. Wäre das Thema nicht so bitterernst, wäre Wulffs Ausspruch dennoch zum Lachen. Er selbst zählt zu denen, die für Intransparenz sorgen. Das lässt sich am Beispiel Schaeffler und Porsche zeigen. Beiden ist ihre Gier nach Wachstum durch eine gigantische Übernahme zum Verhängnis geworden. Während Wulff Schaeffler mit einer Staatsbürgschaft den Rücken stärken will, lehnt er eine solche mit Blick auf die Pfründe des Wolfsburger VW-Konzerns für Porsche ab. Wenn schon innerhalb Deutschlands Länderinteressen derart dominieren, wen darf es da noch wundern, dass europaweit, ja weltweit, die Krise einen längst begraben geglaubten Nationalismus befördert? Deutschlands Wirtschaft droht am Helfersyndrom der Politik zu ersticken. Statt die für das Funktionieren des ganzen Wirtschaftssystems notwendige Rettungsaktion der Banken mit Nachdruck in die richtigen Bahnen zu lenken, verfällt die Politik in Aktionismus. Die Finanzinstitute, die auch dank geänderter Bilanzierungsregeln gute Zahlen vorweisen, halten hübsch ihre Schäfchen beisammen. Unternehmen erhalten Kredite oft nur noch zu Zinssätzen, die kaum zu bedienen sind. Weil der Bankenrettungsschirm klemmt, legte die Regierung mit dem Deutschlandfonds nach. Nun klopfen immer mehr Firmen in Berlin an, wollen Geld oder Bürgschaften oder beides. Da die Luft jetzt sehr schnell sehr dünn wird, bleibt wenig Zeit, um in jedem Fall zu prüfen, ob die Schieflage hausgemacht oder krisenbedingt ist, ob Staatshilfe gar den Wettbewerb verzerrt. Vor der Krise wurde beklagt, dass die Wirtschaft zu viel Einfluss auf die Politik hat. Jetzt dreht sich das. Wann Berlin die Notbremse ziehen muss, ist vorauszusehen: Experten erwarten ab Herbst die Insolvenzwelle. Dann dürften die Kassen leer sein. Das wird denen schwer zu erklären sein, die ihren Job verloren haben. Das schürt Politikverdrossenheit. So schadet ein falsch verstandenes das Helfersyndrom nicht nur der Wirtschaft, sondern auch der Demokratie.

Quelle: Südwest Presse

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