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Börsen-Zeitung: Respektloser Abgang

Archivmeldung vom 01.06.2010

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 01.06.2010 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Als die Märkte mit ihrer Attacke auf Griechenland und andere "Wackelkandidaten" den Euro in die Krise stürzten, gigantische Rettungspakete geschnürt und Vorschläge über eine völlig neue Architektur der Eurozone debattiert wurden, da war von Bundespräsident Horst Köhler - immerhin ehemaliger Chef des Internationalen Währungsfonds (IWF) - kaum etwas zu sehen und zu hören.

Sofern er sich dann doch meldete, echauffierte er sich über das Verhalten der Finanzmärkte und geißelte sie als "Monster". Eigene Vorschläge zur Zähmung dieser "Monster" kamen hingegen nicht aus dem Bundespräsidialamt. Auch vermisste man Köhler, als es darum ging, die Kakofonie in der Bundesregierung bei der Bewältigung der Euro-Krise zu beenden. Wo war die Wegweisung des Staatsoberhaupts, um den handelnden Personen ihre Verantwortung für Volk und Land vor Augen zu führen?

Und jetzt, da er wegen offenbar missverständlicher Äußerungen zu militärischen Einsätzen in Krisengebieten unter Druck stand, wirft er einfach den Bettel hin. Dabei ging die Kritik nicht über jenes Maß hinaus, das Köhler bereits in seiner ersten Amtsperiode über sich hatte ergehen lassen müssen. Trotzdem hatte er sich vergangenes Jahr für eine zweite Amtsperiode aufstellen lassen und ist gewählt worden. Wegen einer missverständlichen Äußerung gleich ganz aus der Verantwortung zu fliehen, ist nichts anderes als eine Form von Fahnenflucht und erinnert fatal an Oskar Lafontaines Hals-über-Kopf-Rücktritt vom Amt des Finanzministers.

Köhlers Abgang ist auch deshalb verwerflich, weil er in besonders unruhigen Zeiten vollzogen wird. Damit erweist er seinem Land einen Bärendienst, muss sich die Bundesregierung doch jetzt neben der Finanz- und Schuldenkrise auch noch um einen Nachfolger kümmern. An entsprechend präsidialen Personen hat es schon immer gemangelt. Die politische Aufmerksamkeit wird nun notgedrungen von anderen Krisenschauplätzen abgelenkt. Noch dramatischer der Blick vom Ausland: Inmitten der Krisen wirkt Deutschland seltsam in sich gekehrt, geradezu handlungsunfähig. Genau jenen "Respekt", den Köhler in seiner Rücktrittserklärung im Umgang mit dem Präsidentenamt von anderen einfordert, vermisst man jetzt von ihm: den Respekt vor der eigenen Verantwortung, die ihm mit dem Amt übertragen worden ist.

Quelle: Börsen-Zeitung

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