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WAZ: Jürgen Rüttgers und die Kohle: Eine Frage der Glaubwürdigkeit

Archivmeldung vom 01.02.2007

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 01.02.2007 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Über Monate hinweg hat Ministerpräsident Jürgen Rüttgers den Sozialdemokraten an Rhein und Ruhr erfolgreich die Schau gestohlen. Nicht nur in NRW, auch bundesweit profilierte sich der CDU-Politiker als "soziales Gewissen" der Union. Das trug ihm den Spitznamen "Robin Rüttgers" und das Etikett "Arbeiterführer" ein. Die gehässige Übersetzung der SPD lautet dagegen: "Sozialschauspieler".

Es geht auch um die Frage der Glaubwürdigkeit des Ministerpräsidenten, wenn nun um die Zukunft der deutschen Steinkohle gerungen wird. Denn hinter dem Schlüsselbegriff "sozialverträglicher Ausstieg" verbirgt sich die Frage, wie Rüttgers mit 33 000 Bergleuten und ihren Familien umgeht. Insgesamt sind es sogar rund 100 000 Beschäftigte des RAG-Konzerns, die nur durch einen klugen Kohle-Kompromiss zwischen Bund, Land, Gewerkschaft und Unternehmen eine Perspektive erhalten. Dies verdeutlicht: Der Bergbau eignet sich nicht für politische Show-Veranstaltungen.

Dass Rüttgers den scheinbar längst beschlossenen Kompromiss der Großen Koalition noch einmal infrage stellte, ist schon bemerkenswert. Man darf dem Ministerpräsidenten ehrenwerte Ziele unterstellen, wenn er sich dafür stark macht, dass die milliardenschweren Ewigkeitskosten nach dem Ende des Bergbaus nicht allein den NRW-Haushalt belasten. Schließlich ist es unverantwortlich, künftigen Generationen einen Schuldenberg zu hinterlassen, der heute durch unnötige Subventionen entsteht. Und doch verwundert, dass Rüttgers urplötzlich einen von CDU/CSU gefeierten "historischen Beschluss" noch einmal ins Wanken brachte. Auch wenn jeder Vergleich hinken mag: Irgendwie erinnert dies an Bayerns Ministerpräsidenten Stoiber, der zunächst der Berliner Gesundheitsreform zustimmte, um diese später zu zerreden. Beim Bürger bleibt stets der Eindruck von Parteien-Gezänk, einem Polit-Poker auf dem Rücken der Beschäftigten.

Das taktische Manöver des NRW-Ministerpräsidenten bietet der Opposition Angriffsfläche. Ohnehin wirft sie Rüttgers vor, sonntags sozial zu reden, montags bis freitags dagegen marktliberal zu handeln. Ironischerweise fand der Kohlegipfel, der den angeblichen Durchbruch brachte, tatsächlich an einem Sonntag statt. Das Murren über Ministerpräsidenten, die regelmäßig mühsam ausgehandelte Kompromisse gefährden, ist weit verbreitet. Ja, Jürgen Rüttgers muss vor allem das Wohl Nordrhein-Westfalens im Blick haben. Doch dadurch darf er nicht eine in der Tat historische Weichenstellung im Kern gefährden.

Quelle: Pressemitteilung Westdeutsche Allgemeine Zeitung

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